Verdrängter Sehverlust
Dennoch sei zunächst alles «normal» und unbeschwert geblieben: Den Schuljahren folgten eine Ausbildung zur Papeterie-Verkäuferin, Reisen und ein längerer Deutschlandaufenthalt samt Beschäftigung in einer Studentenbar in Braunschweig. Im Alter von 25 Jahren zurück in der Schweiz, erfolgte ihr Wechsel in ein Schaltanlagen-Unternehmen, wo sie auch ihren späteren Mann kennenlernte.
Nach und nach aber liess sich ein eingeschränktes Sehvermögen nicht mehr ausblenden – wiederkehrende Tests zwecks überprüfter Wahrnehmung der seitlich ausgestreckten Arme hin oder her. Zunächst mit «Mühe in der Dunkelheit», nach der Geburt ihrer 1997 geborenen Tochter mit einem «massiven Schub», wie sich Franziska Golfetto erinnert. Probleme bereiteten ihr nicht nur «schummrige Räume», sondern zunehmend auch buchstäblich übersehene Gegenstände: «Mal habe ich ein Tischchen gerammt, mal kurzerhand eine Lampe und Gläser umgestossen» – Vorwürfe aus dem längst auf ihren Sehverlust aufmerksam gewordenen Freundeskreis inbegriffen. Tenor: «Warum sagst du uns nichts!?»
Damals habe sie all dies weitgehend verdrängt und sich bis 2006 «weiter durchgewurstelt», erzählt Franziska Golfetto mit dem Verweis auf die Zäsur des Todes ihrer Mutter, einen nachfolgenden Erbstreit und ihren Jobverlust. Nicht weniger desillusionierend war ein Sichtfeld-Test beim Augenarzt mit der resultierenden Auflage, nie wieder ein Fahrzeug zu lenken, eine «Krise» nicht mehr abzuwenden. Dennoch habe sie bald wieder Arbeit gefunden und sich erneut «durchgemogelt», ehe 2010 die an Geldsorgen geknüpfte Trennung von ihrem Mann zu bestehen war.
Ein weiterer Stellenwechsel sicherte ihr vorerst einen für sie geeigneten Arbeitsplatz ohne Festanstellung, nicht aber Schutz vor einer Kündigung, die sich gegen Ende 2011 dann nicht abwenden liess. Auch nur ein kurzes Intermezzo blieb eine umgehend erlangte Anstellung in einer Bäckerei ihres Wohnorts Effretikon (ZH), zumal ihre verminderte Sehkraft und eklatante Anfälligkeit auf Blendung nicht länger zu kaschieren war. «Wie also weiter?»
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