Nach dem Scheitern ihrer Weiterbeschäftigung in Winterthur im Folgejahr sollte schliesslich das eintreten, was eine bestmögliche Wendung zu nennen ist. Unversehens nämlich ergab sich die Möglichkeit, in Gehdistanz zu ihrer Wohnung mit ihrer Ausbildungskollegin Franziska Weiss eine eigene Massagepraxis zu eröffnen – als Team, das sich «perfekt ergänzt». Für einen beschafften Anteil der anfallenden Investitionen wie auch für ihre beantragte Hilflosenentschädigung als Basis eines IV-Assistenzbeitrags konnte Franziska Golfetto abermals auf die prompte, ebenso aufbauende wie beruhigende Unterstützung von Beatrice Acuña zählen.
Die kontaktierten Stiftungen haben jedenfalls dazu beigetragen, dass ihre auch über eine IV-Teilrente verfügende Klientin «heute schuldenfrei ist» und zuversichtlich in die Zukunft blickt. Obgleich ihre Hände kräftehalber bisweilen an Belastungsgrenzen stossen und «kleine Krisen» aufgrund des fortschreitenden Sehverlusts nicht ausbleiben, wie Franziska Golfetto einräumt: «Ich kann mich nicht an den Gedanken gewöhnen, dereinst womöglich blind zu sein.»
Vor allem aber hat sie sich vorgenommen, «nicht mehr zu hetzen», sondern sich «Zeit zu geben». Und zwar nicht nur, weil sie in ihrer Wohnung immer wieder über ihre Katzen zu stolpern droht. Vielmehr weiss sie inzwischen, dass ihr sonst das Sehen buchstäblich abhandenkommt. «Ich bin ein Hauderi und muss mir das abgewöhnen», so Franziska Golfetto.
Wenn sie ihre Sehbeeinträchtigung weiterhin lieber nicht offensiv zu erkennen geben mag, geschieht dies vorab im Bestreben, ihre Autonomie bestmöglich zu wahren und sich auch künftig als «Kämpferin» zu behaupten, die stets neue Kräfte mobilisiert. Vordringliche Bedeutung aber hat für Franziska Golfetto die Hoffnung, ihre Tochter möge verschont bleiben – selbst im Wissen darum, dass zuletzt jede Generation ihrer Familie von Retinitis pigmentosa betroffen war. So auch ihr Grossonkel Mario Golfetto, bis im Frühjahr 2019 Präsident der SBV-Sektion Waadt. Wichtig ist ihr zudem, sich dankbar zu zeigen: «Ohne SBV wäre ich nicht da, wo ich heute stehe!»
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