• Kompaktheit versus Kontextunabhängigkeit
  • Neuerungen
  • Zum Gebrauch dieses Regelwerks
  • LaTeX
  • Version für das Lesen an der Braillezeile mit Grafiken Brailleschrift als Eurobraille




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    Entwicklung


    Die Brailleschrift wird kontinuierlich neuen Bedürfnissen und Herausforderungen angepasst. Oft werden die Schriften für einzelne Sprachen unabhängig vonein­ander weiterentwickelt — und mit ihnen die jeweiligen Mathematikschriften. Im Zuge dieser Entwicklungen traten an die Stelle internationaler Gemeinsamkeiten zunehmend voneinander unabhängige, eigenständige Mathematikschriften.
    Im deutschen Sprachraum wurde ab den 1950er Jahren eine Über­arbeitung vorgenommen und in einem neuen Regelwerk festgehalten (1955, 2. Auflage 1986). Im Laufe der Zeit ent­standen jedoch regionale Varianten. So entwickelten sich die Notationen in der BRD und in Österreich, in der DDR und in der Schweiz auseinander. Um die Mathematikschrift für diesen Sprach­raum wieder zu ver­ein­heitlichen und somit die Aus­tausch­barkeit mathematischer Literatur nicht weiter einzu­schränken, wurde 2006 vom Brailleschriftkomitee der deutschsprachigen Länder eine Unterkommission gebildet.

    Kompaktheit versus Kontextunabhängigkeit


    Traditionell haben zahlreiche Braillezeichen in der Mathematik­schrift andere Werte oder Bedeutungen als in der Textschrift. Eine Umdeutung der 64 möglichen Braille­zeichen erlaubt eine sehr kompakte — und daher übersichtliche — Darstellung der mathematischen Notation. Dies mit dem Kompromiss, dass die Braillezeichen erst dann eindeutig sind, wenn sie klar der Mathe­matik- oder Textschrift zugeordnet werden können.
    In verschiedenen Sprachen fand dagegen ein Paradigmen­wech­sel statt. Durch die Darstellung mathematischer Symbole durch län­gere Kombinationen von Braille­zeichen sind sie sowohl in allge­meinen als auch in mathematischen Kontexten eindeutig. Dabei geht jedoch die Kompaktheit der Wiedergabe verloren.
    Die vorliegende Mathematikschrift behält die Trennung in Text- und Mathematikschrift zugunsten der Kürze und Übersichtlich­keit der Darstellung bei. Allerdings konnten Annäherungen an die Textschrift erreicht werden, zum Beispiel in der Kennzeich­nung der Groß- und Kleinschreibung.

    Neuerungen


    "Das System der Mathematikschrift in der deutschen Braille­schrift" gliedert sich in zwei Teile.
    Der vorliegende erste Teil beschreibt die Regeln zur Wiedergabe mathematischer Sachverhalte in Brailleschrift. Wesentliche Neu­e­rungen sind im Aufbau zu ver­zeichnen. Zeichenlisten leiten die jeweiligen Kapitel bzw. Abschnitte ein. Zahlreiche Beispiele ver­deutlichen die Umsetzung der Regeln. Ein Glossar klärt spe­zifi­sche Begrifflichkeiten der Brailleschrift. Hinweise zu schrift­lichen Rechenverfahren werden Unterrichtenden den Zugang zur praktischen Arbeit mit der Brailleschrift erleichtern.
    Interessant dürfte die zusätzliche Darstellung der Beispiele in LaTeX sein. Ein wichtiges Anliegen ist es, die Richtigkeit der eigenen Interpretation der Brailleschriftbeispiele überprüfen zu können. Dafür steht Sehenden die Schwarzschriftdarstellung zur Verfügung. Mit der LaTeX-Darstellung wird den Tast­lesenden ebenfalls eine Möglichkeit zur Kontrolle angeboten.
    Eine grundlegende Neuerung betrifft die Möglichkeit der Kom­mu­nikation zwischen den ver­schiedenen Lesergruppen. Es wurde darauf geachtet, dass die medial unterschiedlichen Ausgaben wie Braille- und Schwarzschrift parallel verwendet werden können. Die Beispiele sind nummeriert und der Text wurde so aufgebaut, dass die Gestaltung in Braille- und Schwarzschrift im Wesent­lichen gleich ist.
    Den zweiten Teil bildet ein Reliefband, in dem sowohl die tak­ti­len Schwarzschrift­symbole als auch die Braille­entsprechungen säm­tlicher mathematischer Zeichen aus dem Regelwerk auf­geführt sind. Damit wird die Kommunikation zwischen blinden, sehbehin­derten und sehenden Interessierten erleichtert.
    Auf der Website des Brailleschriftkomitees der deutsch­sprachi­gen Länder (BSKDL) können weitere Beispiele angesehen und ergänzt werden (www.bskdl.org).
    Die inhaltlichen Neuerungen der Schrift sind im Anhang "A2 Änderungen in der Mathematikschrift" zusammengefasst.

     

     



    Dieses Regelwerk ist nicht als Lehrwerk konzipiert. Für blinde und sehende Unterrichtende, Übertragende sowie Lesende der Brailleschrift soll diese Handreichung die Grundsätze der Braille­schrift (siehe "System der deutschen Blindenschrift") speziell auf dem Gebiet der Mathematik ergänzen. Es baut also auf dem Grundregelwerk auf und setzt dessen Kenntnis voraus.

     

     



    Basel, Januar 2015

    Im Namen der Unterkommission Mathematikschrift

    des Brailleschriftkomitees der deutschsprachigen Länder

    Das Redaktionsteam




    Zum Gebrauch dieses Regelwerks

    Aufbau


    Dieses Regelwerk wird in Braille- und Schwarzschrift heraus­gegeben. Eine feine Gliederung mit Dezimalklassifikation dient der Orientierung im Werk und erleichtert die Kommunikation bei der Arbeit mit den verschiedenen medialen Ausgabe­formen. Die Nummerierung der Beispiele spiegelt diese Gliederung wider.
    Einführend werden grundlegende Techniken und Hinweise zur Wiedergabe von Mathematik in der Brailleschrift im Kapitel 1 erläutert. Die Kapitel 2 bis 11 führen die einzelnen Elemente der Notation und deren Gebrauch ein. Abschließend fokussieren die Kapitel 12 bis 15 auf ausgewählte Gebiete der Mathematik.
    In Anhängen werden Anregungen zum Arbeiten mit schriftlichen Rechen­verfahren gegeben, die Änderungen und Neuerungen dieser Überarbeitung der Mathematikschrift aufgelistet und braillespezifische Fachausdrücke in einem Glossar erklärt.
    Für eine schnelle Suche stehen eine Liste aller behandelten Braillezeichen und ein Sachregister zur Verfügung.
    Die einzelnen Themengebiete sind wie folgt gegliedert:

    • Zeichenliste

    • Regeln und Erläuterungen

    • Beispiele

     

    Jedes Beispiel erscheint in zwei bzw. drei Darstellungen:



    • Schwarzschrift (Schwarzschriftausgabe)

    • Brailleschrift

    • LaTeX-Schreibweise

     

    Eine Ausnahme bilden die Beispiele im "Anhang A1 Schriftliche Rechenverfahren über mehrere Zeilen", die nur in Brailleschrift erscheinen. Hier steht neben Umsetzungs- und Gestaltungs­mög­lichkeiten die praktische Arbeit mit der Brailleschrift im Vorder­grund.


    In einem zweiten Teil sollen Reliefdarstellungen blinden Lesenden mathematische Schwarzschriftsymbole erfahrbar machen und die Kommunikation mit anderen erleichtern.
    Das Brailleschriftkomitee der deutschsprachigen Länder hält auf seiner Webseite (www.bskdl.org) eine Unterseite zur Braille­mathe­matikschrift für das Herunterladen von Dokumenten und das Sammeln von Beispielen bereit. Interessierte werden ein­ge­laden, zur Erweiterung der Beispielsammlung beizutragen.

    LaTeX


    Als Möglichkeit des Vergleichs der Brailleschrift mit einer zweiten Darstellung wurde für Tastlesende, die nicht auf die visuelle Dar­stellung zurückgreifen können, eine LaTeX-Schreibweise gewählt.
    Es kann nicht angenommen werden, dass alle Tastlesenden LaTeX kennen. Und dennoch hat sich gezeigt, dass schon mit wenigen LaTeX-Kenntnissen zum Beispiel festgestellt werden kann, ob ein Zeichen noch in einem Exponenten enthalten ist oder nicht. Und gerade solche Ungewissheiten gilt es möglichst zu minimieren, wenn die Beispiele studiert werden.
    Der Eindeutigkeit halber besteht die LaTeX-Darstellung aus Original-LaTeX und nicht aus einer der vereinfachten Varianten, die zunehmend als eine Art Blinden­mathematikschrift am Com­puter verwendet werden. Auf der anderen Seite wurde kein gro­ßer Wert darauf gelegt, sie so zu schreiben, dass ein LaTeX-Compiler daraus ästhetisch einwandfreie Schwarzschrift erstel­len könnte.
    Um das Lesen der LaTeX-Ausdrücke zu erleichtern, wurde für diese 8-Punkte-Braille gewählt. Zum schnellen Nachschlagen verwendeter LaTeX-Schlüsselwörter wird eine Auflistung elek­tronisch auf www.bskdl.org angeboten. Dieses Regelwerk sowie die Auflistung eignen sich nicht für das Erlernen von LaTeX.


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