Große Reichweite und Vertrauenswürdigkeit sind zwar notwendige, nicht aber hinreichende Erfolgsbedingungen. Da sich die hohen Akquisitionskosten zumeist nur im Laufe einer lang andauernden Kundenbeziehung amortisieren, müssen Online-Anbieter ihre Nutzer zudem an sich binden. Wie Abb. 6 zeigt, steht für Unternehmen beim Einsatz des Internet zwar nach wie vor die Informationsvermittlung (= 91%) im Vordergrund. Aber bemerkenswerte 76% gaben an, mit Hilfe dieses Mediums die Beziehungen zu ihren Kunden zu gestalten.
Abb. 6: Welche Funktion erfüllt das Internet für Ihr Unternehmen? (in %)
Quelle: Electronic Commerce Enquête (2005).
Um aus Online-Käufern loyale Kunden zu machen, wurde Electronic Customer Relationship Management (E‑CRM) entwickelt. Zunächst einmal kommen dabei solche Maßnahmen zum Einsatz, die aus dem traditionellen CRM bekannt sind (z.B. Rabatt- bzw. Bonussysteme, Loyalitätsprogramme, Kundenclubs). Darüber hinaus bietet das Internet technologiebedingt jedoch weitere Möglichkeiten:
G
Permission-Marketing:
Unternehmen holt sich die Erlaubnis von Kunden ein, Werbe-E-Mails an sie zu senden
anz im Sinne von Data-Mining wird beim User Tracking der Umstand genutzt, dass Internetbesucher dann Spuren hinterlassen, wenn sie elektronische Interaktionssysteme nutzen. Diese Spuren können erfasst, in Nutzerprofilen dokumentiert und schließlich, da sie Hinweise auf die Präferenzen der (potenziellen) Kunden liefern, herangezogen werden, um Leistungen zu individualisieren und gezielt anzubieten. Daraus folgt, dass sich das Internet somit besser als jedes andere Medium für One-to-One-Marketing eignet. Als Erfolgsfaktor hat sich in diesem Zusammenhang eine spezielle Form des Permission-Marketing erwiesen. Hierbei wird die Bereitschaft des Kunden, z.B. E‑Mail-Werbung zu empfangen, direkt (z.B. Gutschriften) oder indirekt honoriert (z.B. Gewinnspiele).
Beim E-CRM können Anbieter vom Online-Lock-in-Effekt profitieren: Sobald ein Nutzer mit einer Website vertraut ist und gelernt hat, darin zu navigieren, zu bestellen, zu bezahlen etc., wirken dieses Erfahrungswissen sowie das aufgebaute Vertrauen wie eine spezifische, d.h. nur dort nützliche Investition. Einmal gewonnene Online-Kunden verhalten sich in der Regel außergewöhnlich treu und recherchieren ungeachtet der Informationstransparenz im Marketspace kaum noch andere Angebote. So sucht der durchschnittliche Nutzer vor einem Buchkauf nur 1,1 virtuelle Buchläden auf; bei CDs sind es 1,2 Shops und bei Reisen 1,8 Reisebüros. Dieses Ausmaß an Kundenloyalität ist nur möglich, wenn der Erstkauf reibungslos vonstatten geht. Dabei hilft v.a. eine übersichtliche und intuitive Menüführung.
A
Avatar: künstliche Person bzw. grafischer Stellvertreter einer echten Person im Internet
ufgrund einer Vielzahl von Marktbedingungen (z.B. Intransparenz, Austauschbarkeit von Leistungen) wird es immer wichtiger, im kommunikativen Wettbewerb durch eine starke Unternehmens- und/oder Markenpersönlichkeit zu bestehen. Indem sie auf physische Präsenz und realen Kundenkontakt verzichten, stehen Internetanbietern allerdings viele identitätsstiftende Maßnahmen nicht oder begrenzt zur Verfügung, um ihre Corporate Identity zu entwickeln (u.a. reale Einkaufserlebnisse, persönliche Begegnung, Architektur und Atmosphäre). Eine wichtige Aufgabe des E-CRM besteht daher darin, Identität mithilfe internetspezifischer Instrumente aufzubauen. Hierbei helfen sowohl eine nutzerfreundlich und einzigartig gestalte Website als auch personalisierte Formen der Interaktion (z.B. Avatare, Chats, Foren, Communities). Weiterhin sollten Multi-Channel-Anbieter gewährleisten, dass sie zumindest im traditionellen Vertrieb den Face-to-Face-Kontakt zu ihren Kunden pflegen. Als Kontaktplattform und Identitätsstifter kann auch das Logistikunternehmen dienen, mit dem E‑Commerce-Händler im Regelfall zusammenarbeiten müssen (z.B. Paketdienst Hermes).
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