Ohne Grenzen: Wie das Internet den Markt verändert
Das Internet hat dazu beigetragen, dass sich in vielen Märkten Struktur und Dynamik der Konkurrenzsituation grundlegend verändert haben. Diese „stille Revolution“ (Electronic Commerce Enquete 2005) äußert sich auf vielfältige Weise. Eine besondere Rolle spielt dabei jeweils die Eignung des Internet, Distanzen und Grenzen aller Art effizient zu überwinden.
Geographische Distanz
Anders als im (realen) Marketplace ist es im virtuellen Marketspace relativ nebensächlich, ob Anbieter und Nachfrager 500 m oder 5.000 km voneinander getrennt sind. Die Barriere „Entfernung“, die bislang v.a. kleinere Unternehmen vielfach davon abhielt, ihre Geschäftstätigkeit zu internationalisieren, hat dadurch weitgehend an Bedeutung verloren. Denn „im Netz“ ist es möglich, Leistungen weltweit anzubieten. Aufwändige Investitionen vor Ort, z.B. in Gestalt von Verkaufsniederlassungen, sind nicht mehr nötig. Um auf dem Weltmarkt präsent zu sein, genügt es, das eigene Leistungsangebot auf Websites oder Online-Shops vorzustellen. Hierzu muss es jedoch gelingen, Auslieferung, Bezahlmodus sowie Service und Kundendienst hinreichend effizient zu organisieren.
E
Triademärkte: Asiatisch-pazifischer Raum, Europa und Nordamerika
iner wahrhaft globalen Markterschließung steht gleichwohl noch eine strukturelle, informationstechnologische Markteintrittsbarriere entgegen: die in weiten Teilen der Welt noch ungenügende Verbreitung des Internet. Deshalb können Unternehmen bislang zumeist nur in den Triademärkten mit der notwendigen Distributionsdichte rechnen. Weiterhin empfinden v.a. totalitäre Staaten das Internet als Bedrohung und schalten unliebsame Seiten ab (z.B. China) oder beschränken die Bandbreite des Empfangs (z.B. Iran).
Branchengrenzen
Durch das Internet wuchsen die sog. T.I.M.E.S.-Industrien zusammen. Aus deren Synergie- und Kooperationspotenzial erwachsen völlig neuartige Möglichkeiten, Erfolg versprechende Geschäftsmodelle zu gestalten. So bietet die Deutsche Telekom AG u.a. Kommunikationsleistungen unter T‑Mobile und T‑Online, Informationstechnologien unter T‑Systems, Multimedia auf den Plattformen Musicload und Gamesload, Entertainment durch T‑Online Video on Demand sowie vielfältige Sicherheitssysteme an (z.B. T‑Pay).
Wirtschaftsstufengrenzen
I
T.I.M.E.S.: Telekommunikations-, Informationstechnologie-, Multimedia-, Entertainment- und Sicherheitsunternehmen
m Marketspace können alle Akteure (insb. Hersteller und Kunden) auf bislang nicht gekannte Art und Weise unmittelbar miteinander in Beziehung treten: schnell, unkompliziert und kostengünstig. Deshalb sind für die Internetökonomie grundlegende Marktstrukturveränderungen charakteristisch. Sie werden als Disintermediation bezeichnet. Wie sich am Beispiel der vertikalen Integration leicht erkennen lässt, erleichtern es elektronische Kanäle, traditionelle Absatzmittler auszuschalten oder zu überspringen.
Vertikale Integration: Ausdehnung der Geschäftstätigkeit auf vor- bzw. nachgelagerte Wertschöpfungsstufen (z.B. ein Hersteller übernimmt Handelsfunktion)
Informationsbarrieren
Sowohl Nutzer als auch Anbieter profitieren von der gewachsenen Markttransparenz: Weil die Suchkosten gering sind (z.B. Zeitersparnis), ziehen Internetnutzer vor einem Pkw-Kauf signifikant mehr Modelle ( 3,0) bzw. Händler ( 2,5) in die engere Wahl als traditionelle Pkw-Käufer (2,5 vs. 2,1). Wer sich des Internets bedient, profitiert auch von der verbesserten Möglichkeit, ein Modell mit exakt den Ausstattungsmerkmalen zu finden, welche seinen individuellen Erwartungen entsprechen. Nicht zu vernachlässigen ist schließlich die Aussicht auf Kostenersparnis: Amerikanische Studien haben gezeigt, dass Online-Kunden beim Pkw-Kauf durchschnittlich zwischen 450 und 1.050 $ sparen. Unternehmen wiederum können aufgrund der Interaktivität des Internets effizient individuelle Kundenprofile erstellen und diese nutzen, um gezielte Marketing-Maßnahmen zu entwickeln und im Extremfall One-to-One-Marketing zu betreiben. Amazon etwa registriert das Einkaufsverhalten jedes Kunden in einer Datenbank. Je umfassender und detaillierter die Kaufhistorie im Laufe der Zeit wird, umso bessere, d.h. bedürfnisgerechtere Kaufvorschläge kann das Unternehmen dem einzelnen Besucher unterbreiten.
A
Nicht-sensorische Informationen: Objektivierbare und daher im Netz darstellbare Fakten
llerdings errichtet das Internet auch neue Barrieren. Da sensorische Merkmale des Leistungsangebots im Internet nicht (z.B. Geruch, Oberflächenstruktur, Frische) bzw. nur eingeschränkt (z.B. Design) kommunizierbar sind, müssen Anbieter sich darauf einstellen, dass im Netz nicht-sensorische Informationen (z.B. Leistungsbestandteile wie Energieverbrauch, Marke, Preis) die Kaufentscheidung stärker beeinflussen als in Face to Face-Kaufsituationen.
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