• Ansprechpartner _____________________________________________________________________________
  • Ausgangslage in Deutschland und Europa
  • Neuheitsschonfrist in anderen Rechtsordnungen
  • Tatsächliche Nutzung der Neuheitsschonfrist
  • Diskussionsstand zur Einführung einer Neuheitsschonfrist in Deutschland und Europa und Position des VCI
  • Position des vci zur Einführung einer Neuheitsschonfrist im Patentrecht




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    Position des VCI zur Einführung einer Neuheitsschonfrist im Patentrecht
    (Zusammenfassung)


      • Die Einführung einer Neuheitsschonfrist in Deutschland oder Europa ist nach Ansicht des VCI nicht erforderlich, da sich das bestehende deutsche/europäische Patentrecht bewährt hat und für die erforderliche Rechtssicherheit sorgt.

      • Eine Neuheitsschonfrist würde ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit verursachen und damit innovationshemmend wirken.

      • Die Einführung einer Neuheitsschonfrist würde das IP-Management gerade auch für KMU und Universitäten/Forschungseinrichtungen erschweren.

      • Von den fünf Ländern/Gebieten mit der höchsten Zahl von Patentanmeldungen (China, Europa, Japan, Korea, USA), verfügen nur drei über Regelungen zur Neuheitsschonfrist.

      • Die Ergebnisse der Tegernsee-Konsultation belegen, dass Neuheitsschonfristen in den betreffenden Ländern nur in seltenen Ausnahmefällen genutzt werden. Solche Ausnahmefälle können jedoch nicht Grund für weitreichende Gesetzesänderungen wie die Einführung einer Neuheitsschonfrist sein.

      • Die Einführung einer Neuheitsschonfrist allein in Deutschland oder Europa würde zu einer weiteren Fragmentierung des Patentrechts führen und damit die Komplexität erhöhen und die Rechtsunsicherheit für die Nutzer des Patentsystems verschärfen.

      • Auch eine internationale Harmonierung der Regelungen zur Neuheitsschonfrist würde diese Rechtsunsicherheit nicht beseitigen. Es böte sich jedoch die Chance zusätzliche Probleme, die aus der weltweit unterschiedlichen Ausgestaltung der Neuheitsschonfrist resultieren, zu verringern. Die Neuheitsschonfrist sollte daher nur im Rahmen einer internationalen Harmonisierung des Patentrechts diskutiert werden.

      • Bilaterale Harmonisierungsbemühungen, beispielsweise im Rahmen der TTIP-Verhandlungen, sind abzulehnen, da diese gerade nicht in einer internationalen Harmonisierung münden würden.
        Sind - Pokistonning jan.sharqiy qismidagi viloyat. Maydoni 140,9 ming km². Aholisi 29,9 mln. kishi (1998). Maʼmuriy markazi - Karochi sh. Yer yuzasining aksari qismi tekislik. Iklimi tropik iqlim, yanvarning urtacha temperaturasi 16-17°, iyulniki 29-35°.


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    RA Marcel Kouskoutis, LL.M.

    Verband der Chemischen Industrie e.V.

    Mainzer Landstr. 55

    60329 Frankfurt am Main

    Telefon: 069 2556-1511

    E-Mail: kouskoutis@vci.de



    Position des VCI zur Einführung einer Neuheitsschonfrist im Patentrecht

    Vorbemerkung

    Der VCI vertritt die wirtschaftspolitischen Interessen von mehr als 1.650 deutschen Chemieunternehmen und deutschen Tochterunternehmen ausländischer Konzerne gegenüber Politik, Behörden, anderen Bereichen der Wirtschaft, der Wissenschaft und den Medien. Der VCI steht für mehr als 90 Prozent der deutschen Chemie. Die Branche setzte 2013 rund 190 Milliarden Euro um und beschäftigte über 438.000 Mitarbeiter.


    1. Ausgangslage in Deutschland und Europa


    In Deutschland, den meisten europäischen Staaten und im Europäischen Patentübereinkommen (EPÜ) existiert im Patentrecht keine Neuheitsschonfrist.

    Als Neuheitsschonfrist bezeichnet man einen Zeitraum, indem ein Erfinder die Erfindung publik machen kann, ohne dass dies einer eigenen späteren Anmeldung der Erfindung zum Patent entgegenstehen würde.



    § 3 Abs. 5 PatG sieht eine eingeschränkte Regelung zur Unschädlichkeit von Offenbarungen des Patentgegenstandes innerhalb von 6 Monaten vor Einreichung der Patentanmeldung vor, soweit die Offenbarung im Rahmen der Zurschaustellung der Erfindung auf einer amtlichen oder amtlich anerkannten Ausstellung erfolgte oder auf einen offensichtlichen Rechtsmissbrauch zum Nachteil des Anmelders oder seines Rechtsvorgängers zurückzuführen ist. Ein derartiger Ausstellungs- und Billigkeits-schutz ist nicht zu verwechseln mit einer Neuheitsschonfrist und ist auch in Artikel 55 Abs. 1 EPÜ und zahlreichen weiteren nationalen Patentrechtsordnungen vorgesehen (z. B. Belgien, Niederlande, Frankreich, Italien, Großbritannien, Österreich, Schweden).

    1. Neuheitsschonfrist in anderen Rechtsordnungen


    1. Analog zu Deutschland und Europa verfügen weltweit auch viele andere Länder nicht über eine Neuheitsschonfrist. In China, dem Land mit dem dynamischsten Wachstum der Patentanmeldezahlen, existiert keine Neuheitsschonfrist, sondern eine Regelung, wonach die Offenbarung von Informationen, die auf anerkannten Messen oder bestimmten Tagungen oder durch Dritte ohne Zustimmung des Anmelders erfolgt, innerhalb von 6 Monaten unschädlich ist. Diese Regelung entspricht dem Ausstellungs- und Billigkeitsschutz im deutschen und europäischen Recht. Eine ähnliche Regelung findet sich im indischen Patentrecht.

    2. Andererseits existieren in den USA und einigen anderen Ländern wie Australien, Brasilien, Kanada, Japan und Russland Regelungen zur Neuheitsschonfrist.
      Kanada poytaxti - Ottava shahri. BMT va NATO aʼzosi hamda AQSh bilan „Erkin iqtisodiy savdo aylanmasi toʻgʻrisida“gi shartnomasi tuzgan. Birlashgan qirollik dominioni. 1931-yilda suveren huquqi berilgan.
      Deutliche Unterschiede gibt es allerdings bei der jeweiligen Ausgestaltung der Neuheitsschonfrist in diesen Ländern. Insbesondere die Länge der Neuheitsschonfrist ist dabei uneinheitlich geregelt. Daneben sind wichtige Fragen wie beispielsweise die Existenz einer Erklärungspflicht über die Inanspruchnahme der Neuheitsschonfrist oder die Pflicht zur Veröffentlichung von Patentanmeldungen in den einzelnen Rechts-ordnungen unterschiedlich geregelt.

    3. Von den fünf Ländern/Gebieten mit der höchsten Zahl von Patentanmeldungen (China, Europa, Japan, Korea, USA), verfügen mit Japan, Korea und den USA nur drei über Regelungen zur Neuheitsschonfrist, die darüber hinaus unterschiedlich ausgestaltet sind.

    International ergibt sich somit ein ausgesprochen uneinheitliches Bild hinsichtlich der Existenz und der Ausgestaltung von Regelungen zur Neuheitsschonfrist.

    1. Tatsächliche Nutzung der Neuheitsschonfrist


    1. Im Jahr 2013 haben die Patentämter der USA (USPTO), Japans (JPO), Deutschlands (DPMA), Großbritanniens, Frankreichs, Dänemarks und das Europäische Patentamt (EPA) eine Konsultation zur internationalen Harmonisierung des Patentrechts durchgeführt („Tegernsee-Umfrage“).

    2. Im Rahmen der Konsultation wurde auch nach der tatsächlichen Nutzung der Neuheitsschonfrist durch Patentanmelder in denjenigen Ländern, in denen sie zur Verfügung steht, gefragt.

    3. Die verfügbaren Ergebnisse dieser Konsultation belegen, dass die Neuheitsschonfrist nur in seltenen Ausnahmefällen von den Patentanmeldern tatsächlich genutzt wird:

    4. In Japan gaben über 80 % der befragten KMU an, von der Neuheitsschonfrist höchstens in 1 % aller Fälle Gebrauch gemacht zu haben. Weitere rund 10 % gaben an, die Neuheitsschonfrist in höchstens 10 % der Fälle genutzt zu haben. Weiterhin gaben fast 100 % der Forschungseinrichtungen an, die Neuheitsschonfrist nur in höchstens 10 % der Fälle genutzt zu haben. Rund 30 % der Forschungseinrichtungen gaben darüber hinaus an, von der Neuheitsschonfrist sogar nur in höchstens 1 % der Fälle Gebrauch gemacht zu haben. Schließlich gaben mehr als 95 % der großen Unternehmen an, in höchstens 1% der Fälle von der Neuheitsschonfrist Gebrauch gemacht zu haben.1

    5. In Europa gaben 21,6 % der Umfrageteilnehmer an, von einer Neuheitsschonfrist in weniger als einem von tausend Fällen (< 0,1 %) Gebrauch gemacht zu haben. Weitere 27 % gaben an, eine Neuheitsschonfrist in 0,1 % der Fälle genutzt zu haben. 43 % der Umfrageteilnehmer haben eine Neuheitsschonfrist in lediglich 1 % der Fälle genutzt.2 Das EPA fasst das Ergebnis der Umfrage dahingehend zusammen, dass 63 % der Umfrageteilnehmer angegeben hätten, eine Neuheitsschonfrist nie oder nur in einer „winzigen Zahl“ von Fällen genutzt zu haben.3

    6. In Deutschland haben sich zudem 61,5 % aller Umfrageteilnehmer gegen die Einführung einer Neuheitsschonfrist ausgesprochen. Von denjenigen, die eine Neuheitsschonfrist-Regelung in anderen Ländern genutzt haben, sprechen sich nur gut die Hälfte (55 %) für die Einführung einer Neuheitsschonfrist in Europa aus.4

    7. Gegenüber dem USPTO gaben darüber hinaus 82 % der aus Europa stammenden Umfrageteilnehmer an, noch nie eine Neuheitsschonfrist in Anspruch genommen zu haben.5

    8. Diese Ergebnisse der Tegernsee-Umfrage sollten in der weiteren Diskussion um die Erforderlichkeit einer Neuheitsschonfrist in Deutschland und Europa berücksichtigt werden. Jedenfalls dürfen nach Ansicht von VCI branchen- oder technologiespezifische Ausnahmefälle zu neuheitsschädlichen Vorveröffentlichungen oder zur Inanspruchnahme von Neuheitsschonfristen und ein hieraus abgeleiteter Bedarf für eine Neuheitsschonfrist, mangels Repräsentativität, nicht ausschlaggebend sein für Gesetzesänderungen mit derart weitgehenden Auswirkungen.
    1. Diskussionsstand zur Einführung einer Neuheitsschonfrist in Deutschland und Europa und Position des VCI










      1. Auflebende Diskussion nach der US-Patentreform

    1. In der Vergangenheit war die Frage der internationalen Harmonisierung der Neuheitsschonfrist eng mit der Forderung nach einer umfassenden Anpassung des US-amerikanischen Patentrechts an gängige internationale Standards, wie dem „first-to-file“-Prinzip, verknüpft. Unterschiedliche Initiativen, unter anderem auf Ebene der WIPO, bleiben mangels entsprechender Reformen in den USA ergebnislos.

    2. Mittlerweile haben die USA ihr Patentrecht im Rahmen des „America Invents Act“ von 2013 reformiert, um durch ein effizienteres Patentsystem mehr Rechtssicherheit zu gewährleisten und Innovationen zu fördern. Sie sind dabei insbesondere von dem bis dato geltenden „first-to-invent“-Prinzip abgerückt. Andere wichtige Regelungen des US-Patentrechts blieben jedoch unverändert. So fehlt es in den USA nach wie vor beispielsweise an der grundsätzlichen Veröffentlichungspflicht von Patentanmeldungen nach 18 Monaten. Zudem wurde eine komplexe Neuregelung der Neuheitsschonfrist eingeführt, welche die Rechtsunsicherheit erhöht und den Zielen der Reform damit zuwider läuft.

    3. Dennoch hat die Diskussion um die Einführung einer Neuheitsschonfrist in Europa nach der Verabschiedung des „America Invents Acts“ neuen Auftrieb bekommen.

    4. Insbesondere aus den Reihen kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) sind hierzu gerade jüngst entsprechende Forderungen erhoben worden. Auch im Rahmen der TTIP-Verhandlungen zwischen Europa und den USA gibt es Bestrebungen für eine bilaterale Regelung.

      1. Kein Bedarf für die Einführung einer Neuheitsschonfrist

    1. Ein hohes Maß an Rechtssicherheit und klare gesetzliche Regelungen sind zentral, um für Unternehmen in Deutschland und Europa attraktive Rahmenbedingungen und Investitionssicherheit zu schaffen. Zudem stellen Patente ein wichtiges innovations- und damit auch wachstumsförderndes Instrument dar, weshalb etwaige Neuregelungen im Patentrecht stets auch im Hinblick auf ihre wirtschaftlichen Auswirkungen zu evaluieren sind.

    2. Im Bereich innovativer Industrien wie der chemischen Industrie ist es wichtig, die Patentsituation möglichst zuverlässig bewerten zu können, bevor Investitionen in Forschung und Entwicklung (F&E) getätigt werden. Dies spielt beispielsweise eine Rolle bei der strategischen Bewertung von Technologiefeldern oder auch konkreten F&E-Projekten, im Rahmen derer festzustellen ist, ob Drittpatente einer eigenen Entwicklung sowie einer Amortisierung der damit verbundenen Investitionen entgegenstehen. Dies wird in professionellen F&E-Prozessen durch sog. „Freedom-to-Operate“-Analysen sichergestellt, die eine rechtliche Bewertung relevanter Drittpatente darstellen. Wenn bei der Beurteilung von Drittpatenten rechtliche Unwägbarkeiten auftauchen, kann dies den Entwicklungsprozess verzögern oder sogar zur Einstellung eines Entwicklungsprojektes führen - zumindest werden hierdurch Investitionen in eine weiter vertiefte patentrechtliche Bewertung notwendig, wodurch diese Gelder dem eigentlichen Innovationsprozess entzogen werden. Dieses Risiko wird aufgrund einer Vielzahl offener Fragen bei Einführung einer Neuheitsschonfrist stark erhöht (siehe hierzu auch nachfolgend unter Punkt 1.3).

    3. Das geltende deutsche/europäische Patentrecht hat sich ohne eine Neuheitsschonfrist in der Praxis vollauf bewährt. Konkret ermöglichen die Regelungen des deutschen und europäischen Patentrechts bei einem aufgefundenen Drittpatent die Ermittlung eines objektiven Referenzdatums (den Prioritätstag) wie auch eines objektiven Referenzinhalts (die schriftliche Beschreibung der hinterlegten Erfindung). Dies führt zu einem Maximum an Rechts- und Investitionssicherheit.

    4. Für die Einführung einer Neuheitsschonfrist besteht daher aus Sicht der im VCI vertretenen Unternehmen kein Bedarf.

    5. Der VCI erkennt jedoch an, dass sich insbesondere in den Reihen einiger KMUs vereinzelt Probleme ergeben mögen, die von den Betroffenen auf das Fehlen einer Neuheitsschonfrist zurückgeführt werden. Der VCI ist indes der Auffassung, dass diese Probleme nicht primär dem Fehlen einer Neuheitsschonfrist geschuldet sind und durch die Einführung einer solchen auch nicht gelöst werden können. Die Einführung einer Neuheitsschonfrist würde vielmehr auch für KMU, wie für alle anderen Nutzer des Patentsystems, mit einem erheblichen Maß an Rechtsunsicherheit erkauft.

    6. Auch vor dem Hintergrund der vereinzelt angeführten neuen bzw. geplanten Transparenzregelungen zu klinischen Daten besteht derzeit keine Notwendigkeit für die Einführung einer Neuheitsschonfrist. In der Regel werden Patente im Bereich pharmazeutischer Produkte weit vor Beendigung entsprechender klinischer Prüfungen, an deren Ende erst umfängliche Transparenzregelungen greifen sollen, angemeldet. Daraus ergibt sich, dass für diese Fälle eine Neuheitsschonfrist voraussichtlich nur marginale Anwendung finden würde. Vor diesem Hintergrund sollte diese branchenspezifische Besonderheit auch nicht Grund für eine alle Branchen betreffende Änderung des Patentrechts sein.

      1. Einführung einer Neuheitsschonfrist gefährdet die Rechtssicherheit

    1. Nach derzeitiger Rechtslage in Deutschland und Europa kann der Leser einer (wissenschaftlichen) Publikation im Rahmen der oben dargestellten „Freedom-to-Operate“-Analysen davon ausgehen, dass er die in der Publikation enthaltenen Informationen frei benutzen kann, wenn 18 Monate nach der wissenschaftlichen Publikation keine einschlägigen Patentanmeldungen mit früherem Zeitrang auffindbar sind. Die Anmeldung einer Erfindung und der in ihr enthaltenen technischen Lehre zum Patent wird nämlich in aller Regel 18 Monate nach dem Anmeldedatum offengelegt. Aus dem Reservoir der publizierten Nicht-Patent-Literatur kann ein Unternehmen, nach der gegenwärtigen Rechtslage, mithin voll schöpfen, es unmittelbar nutzen und gegebenenfalls durch Verbesserungen weiterentwickeln.

    2. Vor dem Hintergrund der immensen und stetig steigenden Anzahl der jährlich erscheinenden, allgemein zugänglichen wissenschaftlichen Publikationen stellt die „Freedom-to-Operate“-Analyse für die Unternehmen schon unter geltendem Recht eine besondere Herausforderung dar. Die Erfahrungen der Unternehmen in den Ländern, in denen eine Neuheitsschonfrist existiert, zeigen, dass der Rechercheaufwand bei Einführung einer Neuheitsschonfrist in Deutschland oder Europa nochmals erheblich steigen würde. Im Falle der Einführung einer Neuheitsschonfrist könnte nach 18 Monaten nämlich nicht mehr automatisch von einer freien Verwendbarkeit der veröffentlichten wissenschaftlichen Erkenntnis ausgegangen werden, da grundsätzlich jederzeit mit der Inanspruchnahme einer Neuheitsschonfrist bei der Patentanmeldung zu rechnen wäre.

    3. In diesem Zusammenhang würden weitere rechtliche Unsicherheiten auftreten, die eine Bewertung der Patentsituation erschweren. So würde die Einführung einer Neuheitsschonfrist zum Beispiel diverse Fragen dahingehend aufwerfen, ob eine Vorpublikation zu einem als potentiell relevant angesehenen Drittpatent als Stand der Technik zu berücksichtigen ist oder nicht, und damit, ob das Drittpatent ein Problem darstellt oder nicht. Konkret stellen sich z. B. folgende Fragen:

        • Beruft sich der Inhaber des Drittpatents überhaupt auf die Neuheitsschonfrist?

        • Geht die Vorpublikation tatsächlich auf den Erfinder des Drittpatents zurück?

        • Wie wird im Fall von mehreren Erfindern oder gemeinsamen Anmeldungen z. B. zweier Unternehmen verfahren, wenn die neuheitsschädliche Vorveröffentlichung allein durch einen Erfinder vorgenommen wurde?

        • In welchem Umfang ist die Vorpublikation als Stand der Technik für das Drittpatent zu berücksichtigen?

        • Wie ist mit mündlichen Vorpublikationen oder allgemeiner öffentlicher Zur-Schau-Stellung zu verfahren?

        • Wie lange dauert die Entscheidung im Streitfall? Ist ein jahrelanger Entwicklungsstopp/Produktionsstopp zu befürchten?


    4. Eine Neuheitsschonfrist würde somit ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit verursachen und damit innovationshemmend wirken.

    5. Zudem droht auch eine generelle Zunahme von Rechtstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Neuheitsschonfrist. Dies würde zu deutlich höheren finanziellen Belastungen für die Unternehmen und längeren Unterbrechung der Entwicklung und/oder der Produktion mit unsicherem Ausgang führen. Gerade bei KMUs stellen diese Punkte eine erhebliche Gefahr für deren Wettbewerbsfähigkeit dar.

      1. Situation von KMUs und der Wissenschaft

    1. Die Befürworter einer Neuheitsschonfrist verweisen vielfach auf einen angeblichen Bedarf bei universitären und anderen Forschungseinrichtungen. Argumentiert wird dabei mit einem dort angeblich bestehenden Konflikt zwischen dem Bedürfnis nach einer frühen Veröffentlichung der wissenschaftlichen Erkenntnisse einerseits und der sich aus einer Vorveröffentlichung ergebenden patentrechtlichen Neuheits-schädlichkeit die mangels Neuheitsschonfrist nicht heilbar ist, andererseits.

    Den Mitgliedsunternehmen des VCI sind aus ihren zahlreichen Kooperationen mit den genannten Einrichtungen indes keine derartigen Probleme bekannt. Die Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie stellen vielmehr fest, dass in den vergangenen Jahren eine erheblich Professionalisierung der Wissenschaft im Bereich des IP-Managements gerade im Patentrecht stattgefunden hat. Dies spiegelt sich auch in der Gründung zahlreicher Patentverwertungsagenturen wider. Nach Auffassung des VCI beherrschen die einschlägigen Kooperationspartner der Mitgliedsunternehmen aus der Wissenschaft das deutsche und europäische Patentsystem. Fälle, in denen es wegen Vorveröffentlichungen aus den Reihen der wissenschaftlichen Kooperationspartner zu patentschädlichen Vorveröffentlichungen gekommen ist, sind nicht bekannt.

    Anders als dies von Teilen der Betroffenen erwartet wird, würde die Einführung einer Neuheitsschonfrist das IP-Management für KMU und für Universitäten/ Forschungseinrichtungen nicht erleichtern.

    Das Gegenteil wäre vielmehr der Fall: KMUs und Wissenschaft müssten bei Einführung einer Neuheitsschonfrist die Daten sämtlicher eigener Publikationen erfassen und sicherstellen, dass die Neuheitsschonfrist nicht vor Einreichen einer entsprechenden Patentanmeldung abläuft. In diesem Zusammenhang wird oft übersehen, dass eine Neuheitsschonfrist keinen generellen Freifahrtschein zur Offenbarung einer Erfindung vor der Anmeldung zum Patent darstellt, sondern Fristen zu beachten, überwachen und einzuhalten sind, die ebenfalls wieder versäumt werden können.

    Frühzeitige Veröffentlichungen könnten zudem zum Rechtsschutzverlust in anderen Ländern führen, die keine Neuheitsschonfrist kennen oder diese anders ausgestaltet haben. Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn keine internationale Harmonisierung der Neuheitsschonfrist erfolgt.

    Zudem wird von den Befürwortern einer Neuheitsschonfrist völlig übersehen, dass aufgrund der Publikation eines Erfinders Dritte eine eigene Patentanmeldung einreichen könnten, deren Zeitrang sogar vor der Patentanmeldung des Erfinders liegt und welche damit einer Kommerzialisierung der Erfindung im Wege steht. Diejenigen, die eine Neuheitsschonfrist fordern, um diese womöglich sogar systematisch zu nutzen, gehen damit hohe Risiken ein. Das bestehende System liefert daher einen auch kommerziell sinnvollen Anreiz, Innovationen zunächst patentrechtlich abzusichern und nicht Dritten - quasi frei Haus - zu präsentieren. Gerade dies kann nämlich dazu führen, dass eine kommerzielle Verwendung der Forschungsergebnisse nicht mehr möglich oder zumindest nicht mehr attraktiv ist.

    Die derzeitigen Regelungen bieten KMU und Universitäten/Forschungseinrichtungen mithin einen positiven Anreiz, ein professionelles IP-Management anzustreben und damit die Kommerzialisierungsrisiken zu reduzieren - was diesen letztendlich selbst zugute kommt. Wie eingangs erwähnt, haben viele wissenschaftliche Einrichtungen dies bereits seit längerem erkannt und sich im Bereich des IP-Managements professionell aufgestellt.

    Das derzeitige Recht bietet im Übrigen die Möglichkeit der Hinterlegung einer (schriftlichen) Veröffentlichung als sogenannte Prioritätsanmeldung beim Deutschen oder Europäischen Patentamt. Diese ist für jedermann möglich. Bei einer notwendigen, raschen Veröffentlichung einer Erfindung kann eine Kopie der Veröffentlichung sogar noch am gleichen Tag beim Deutschen oder Europäischen Patentamt hinterlegt werden, um sich den (Prioritäts-)Anmeldetag und damit das Recht auf das Patent in der ganzen Welt zu sichern. Zudem besteht in vielen Fällen auch die Möglichkeit ein Gebrauchsmuster unter Inanspruchnahme der Neuheitsschonfrist einzureichen.



      1. Geltende Regelung führt nicht zu Wettbewerbsnachteilen

    1. Vereinzelt wird von den Befürwortern einer Neuheitsschonfrist die „Abgeschlagenheit“ Deutschlands auf bestimmten Gebieten der Technik beklagt und auf das Fehlen einer patentrechtlichen Neuheitsschonfrist in Deutschland und Europa zurückgeführt.

    2. Nach Auffassung des VCI sind vermeintliche Defizite bei der Wettbewerbs- und Innovationskraft einiger Branchen/Technologien, darunter insbesondere der Biotechnologie, nicht der Frage der Neuheitsschonfrist, sondern den allgemeinen gesetzlichen Rahmenbedingungen (zum Beispiel zum Thema „Gentechnik“) geschuldet. Ein großes Problem ist auch die allgemein mangelnde Akzeptanz solcher Technologien in der Gesellschaft.

    3. Soweit diese Befürworter zudem davon ausgehen, dass einige umsatzstarke Erfindungen, insbesondere im Pharmabereich, in den USA nur dank der Neuheitsschonfrist vermarktet werden konnten, halten wir es für irreführend, allein aus der Tatsache, dass die Neuheitsschonfrist in Anspruch genommen wurde, per se abzuleiten, dass eine unabsichtliche Vorveröffentlichung umgangen werden musste. Womöglich wurde das Instrumentarium der Neuheitsschonfrist bewusst ausgenutzt, obwohl die Erfindung, gegebenenfalls auch ohne diese Möglichkeit hätte patentiert werden können.

    4. Es ist mithin nicht zielführend vermeintliche Defizite bei der Entwicklung bestimmter Branchen/Technologien gegenüber anderen Ländern pauschal mit dem Fehlen der Neuheitsschonfrist zu begründen. Im Falle wirtschaftlich besonders dynamischer Länder wie China geht dies, mangels dortiger Existenz einer Neuheitsschonfrist, ohnehin fehl.

      1. Internationale Harmonisierung der Neuheitsschonfrist

    1. Der VCI verschließt sich vor dem Hintergrund der obigen Erwägungen nicht grundsätzlich der Diskussion um eine internationale Harmonisierung der Neuheitsschonfrist, da diese zumindest die Chance böte, zusätzliche Probleme, die aus der weltweit unterschiedlichen Ausgestaltung der Neuheitsschonfrist resultieren, zu verringern. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um eine echte internationale Harmonisierung unter Einbeziehung aller maßgeblichen Staaten, insbesondere der Staaten/Regionen mit den meisten Patentanmeldungen handelt.

    2. Auch eine internationale Harmonierung der Regelungen zur Neuheitsschonfrist vermag allerdings die oben dargestellte Rechtsunsicherheit nicht zu beseitigen.

    3. Im Falle einer internationalen Harmonisierung der Neuheitsschonfrist muss daher dringend Sorge dafür getragen werden, dass die mit der Neuheitsschonfrist einhergehende Rechtsunsicherheit so weit wie möglich minimiert wird. Die Vorteile, die den wenigen Nutzern einer Neuheitsschonfrist gewährt würden, dürfen nicht mit Nachteilen für die überragende Mehrheit der Anmelder und die Funktionsfähigkeit des Patentsystems insgesamt erkauft werden. Zudem sollten die internationalen Harmonisierungsbemühungen nicht auf die Frage der Neuheitsschonfrist beschränkt werden, sondern auch andere Aspekte wie beispielsweise die Veröffentlichungspflicht für Patentanmeldungen und das Vorbenutzungsrecht mitberücksichtigen.

    4. Die Neuheitsschonfrist sollte daher nur im Rahmen einer internationalen Harmonisierung des Patentrechts diskutiert werden. Dabei ist anzumerken, dass die geltende Regelung in Deutschland und Europa - wie eingangs bereits ausgeführt -konform ist mit den Patentgesetzen vieler anderer Staaten, einschließlich China. Insofern könnte das Argument der Harmonisierung sehr wohl auch zu Gunsten der in diesen Ländern geltenden Regelung angeführt werden.

      1. Keine bilaterale Harmonisierung des Patentrechts

    Der VCI spricht sich explizit gegen eine Harmonisierung einzelner Aspekte des Patentrechts auf bilateraler Ebene, beispielswese im Rahmen von Handelsverträgen wie TTIP, aus.

    Durch die Einführung einer Neuheitsschonfrist in einem solchen Rahmen würde je nach Ausgestaltung zwar eine gewisse Harmonisierung mit den USA erreicht werden können, aber eben nur mit den USA und gerade nicht mit einer Reihe übriger, ebenfalls wichtiger und wichtig werdender Länder wie beispielsweise China oder Japan, da diese Länder entweder keine Neuheitsschonfrist kennen oder keine mit den USA einheitlichen Regelungen hinsichtlich der Neuheitsschonfrist besitzen.

    Die Harmonisierungsbemühungen müssen daher vielmehr auf internationaler Ebene weitergeführt werden, weil nur auf diese Weise eine echte internationale Harmonisierung erreicht werden kann.

    Ein geeignetes Forum könnte beispielsweise der sogenannte „Tegernsee-Prozess“ sein.



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    1. 1 Report on Consultations with Users, June 2013, Japan Patent Office, S. 5

    1. 2 CA/PL 4/13, SPLH - Tegernsee User Consultation - Report of the European delegations, Randziffer 47

    1. 3 ebenda

    1. 4 Umfrageergebnisse in Deutschland zur internationalen Patentrechtsharmonisierung, BMJ, S. 7

    1. 5 Report on User Consultation Feedback on Substantive Patent Law Harmonization, S. 14, Table 2.5

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