• Anders als dies von Teilen der Betroffenen erwartet wird, würde die Einführung einer Neuheitsschonfrist das IP-Management für KMU und für Universitäten/ Forschungseinrichtungen nicht erleichtern.
  • Es ist mithin nicht zielführend vermeintliche Defizite bei der Entwicklung bestimmter Branchen/Technologien gegenüber anderen Ländern pauschal mit dem Fehlen der Neuheitsschonfrist zu begründen.
  • Eine Neuheitsschonfrist würde somit ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit verursachen und damit innovationshemmend wirken




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    Eine Neuheitsschonfrist würde somit ein hohes Maß an Rechtsunsicherheit verursachen und damit innovationshemmend wirken.

  • Zudem droht auch eine generelle Zunahme von Rechtstreitigkeiten im Zusammenhang mit der Neuheitsschonfrist. Dies würde zu deutlich höheren finanziellen Belastungen für die Unternehmen und längeren Unterbrechung der Entwicklung und/oder der Produktion mit unsicherem Ausgang führen. Gerade bei KMUs stellen diese Punkte eine erhebliche Gefahr für deren Wettbewerbsfähigkeit dar.

      1. Situation von KMUs und der Wissenschaft

    1. Die Befürworter einer Neuheitsschonfrist verweisen vielfach auf einen angeblichen Bedarf bei universitären und anderen Forschungseinrichtungen. Argumentiert wird dabei mit einem dort angeblich bestehenden Konflikt zwischen dem Bedürfnis nach einer frühen Veröffentlichung der wissenschaftlichen Erkenntnisse einerseits und der sich aus einer Vorveröffentlichung ergebenden patentrechtlichen Neuheits-schädlichkeit die mangels Neuheitsschonfrist nicht heilbar ist, andererseits.

    Den Mitgliedsunternehmen des VCI sind aus ihren zahlreichen Kooperationen mit den genannten Einrichtungen indes keine derartigen Probleme bekannt. Die Unternehmen der chemisch-pharmazeutischen Industrie stellen vielmehr fest, dass in den vergangenen Jahren eine erheblich Professionalisierung der Wissenschaft im Bereich des IP-Managements gerade im Patentrecht stattgefunden hat. Dies spiegelt sich auch in der Gründung zahlreicher Patentverwertungsagenturen wider. Nach Auffassung des VCI beherrschen die einschlägigen Kooperationspartner der Mitgliedsunternehmen aus der Wissenschaft das deutsche und europäische Patentsystem. Fälle, in denen es wegen Vorveröffentlichungen aus den Reihen der wissenschaftlichen Kooperationspartner zu patentschädlichen Vorveröffentlichungen gekommen ist, sind nicht bekannt.

    Anders als dies von Teilen der Betroffenen erwartet wird, würde die Einführung einer Neuheitsschonfrist das IP-Management für KMU und für Universitäten/ Forschungseinrichtungen nicht erleichtern.

    Das Gegenteil wäre vielmehr der Fall: KMUs und Wissenschaft müssten bei Einführung einer Neuheitsschonfrist die Daten sämtlicher eigener Publikationen erfassen und sicherstellen, dass die Neuheitsschonfrist nicht vor Einreichen einer entsprechenden Patentanmeldung abläuft. In diesem Zusammenhang wird oft übersehen, dass eine Neuheitsschonfrist keinen generellen Freifahrtschein zur Offenbarung einer Erfindung vor der Anmeldung zum Patent darstellt, sondern Fristen zu beachten, überwachen und einzuhalten sind, die ebenfalls wieder versäumt werden können.

    Frühzeitige Veröffentlichungen könnten zudem zum Rechtsschutzverlust in anderen Ländern führen, die keine Neuheitsschonfrist kennen oder diese anders ausgestaltet haben. Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn keine internationale Harmonisierung der Neuheitsschonfrist erfolgt.

    Zudem wird von den Befürwortern einer Neuheitsschonfrist völlig übersehen, dass aufgrund der Publikation eines Erfinders Dritte eine eigene Patentanmeldung einreichen könnten, deren Zeitrang sogar vor der Patentanmeldung des Erfinders liegt und welche damit einer Kommerzialisierung der Erfindung im Wege steht. Diejenigen, die eine Neuheitsschonfrist fordern, um diese womöglich sogar systematisch zu nutzen, gehen damit hohe Risiken ein. Das bestehende System liefert daher einen auch kommerziell sinnvollen Anreiz, Innovationen zunächst patentrechtlich abzusichern und nicht Dritten - quasi frei Haus - zu präsentieren. Gerade dies kann nämlich dazu führen, dass eine kommerzielle Verwendung der Forschungsergebnisse nicht mehr möglich oder zumindest nicht mehr attraktiv ist.

    Die derzeitigen Regelungen bieten KMU und Universitäten/Forschungseinrichtungen mithin einen positiven Anreiz, ein professionelles IP-Management anzustreben und damit die Kommerzialisierungsrisiken zu reduzieren - was diesen letztendlich selbst zugute kommt. Wie eingangs erwähnt, haben viele wissenschaftliche Einrichtungen dies bereits seit längerem erkannt und sich im Bereich des IP-Managements professionell aufgestellt.

    Das derzeitige Recht bietet im Übrigen die Möglichkeit der Hinterlegung einer (schriftlichen) Veröffentlichung als sogenannte Prioritätsanmeldung beim Deutschen oder Europäischen Patentamt. Diese ist für jedermann möglich. Bei einer notwendigen, raschen Veröffentlichung einer Erfindung kann eine Kopie der Veröffentlichung sogar noch am gleichen Tag beim Deutschen oder Europäischen Patentamt hinterlegt werden, um sich den (Prioritäts-)Anmeldetag und damit das Recht auf das Patent in der ganzen Welt zu sichern. Zudem besteht in vielen Fällen auch die Möglichkeit ein Gebrauchsmuster unter Inanspruchnahme der Neuheitsschonfrist einzureichen.



      1. Geltende Regelung führt nicht zu Wettbewerbsnachteilen

    1. Vereinzelt wird von den Befürwortern einer Neuheitsschonfrist die „Abgeschlagenheit“ Deutschlands auf bestimmten Gebieten der Technik beklagt und auf das Fehlen einer patentrechtlichen Neuheitsschonfrist in Deutschland und Europa zurückgeführt.

    2. Nach Auffassung des VCI sind vermeintliche Defizite bei der Wettbewerbs- und Innovationskraft einiger Branchen/Technologien, darunter insbesondere der Biotechnologie, nicht der Frage der Neuheitsschonfrist, sondern den allgemeinen gesetzlichen Rahmenbedingungen (zum Beispiel zum Thema „Gentechnik“) geschuldet. Ein großes Problem ist auch die allgemein mangelnde Akzeptanz solcher Technologien in der Gesellschaft.

    3. Soweit diese Befürworter zudem davon ausgehen, dass einige umsatzstarke Erfindungen, insbesondere im Pharmabereich, in den USA nur dank der Neuheitsschonfrist vermarktet werden konnten, halten wir es für irreführend, allein aus der Tatsache, dass die Neuheitsschonfrist in Anspruch genommen wurde, per se abzuleiten, dass eine unabsichtliche Vorveröffentlichung umgangen werden musste. Womöglich wurde das Instrumentarium der Neuheitsschonfrist bewusst ausgenutzt, obwohl die Erfindung, gegebenenfalls auch ohne diese Möglichkeit hätte patentiert werden können.

    4. Es ist mithin nicht zielführend vermeintliche Defizite bei der Entwicklung bestimmter Branchen/Technologien gegenüber anderen Ländern pauschal mit dem Fehlen der Neuheitsschonfrist zu begründen. Im Falle wirtschaftlich besonders dynamischer Länder wie China geht dies, mangels dortiger Existenz einer Neuheitsschonfrist, ohnehin fehl.

      1. Internationale Harmonisierung der Neuheitsschonfrist

    1. Der VCI verschließt sich vor dem Hintergrund der obigen Erwägungen nicht grundsätzlich der Diskussion um eine internationale Harmonisierung der Neuheitsschonfrist, da diese zumindest die Chance böte, zusätzliche Probleme, die aus der weltweit unterschiedlichen Ausgestaltung der Neuheitsschonfrist resultieren, zu verringern. Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um eine echte internationale Harmonisierung unter Einbeziehung aller maßgeblichen Staaten, insbesondere der Staaten/Regionen mit den meisten Patentanmeldungen handelt.



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