Thomas A. Bauer, Marko Ivanisin, Bernd Mikuszeit (Hrsg.) Evaluierung von Bildungsmedien und Multimedia Kriterien und Weiterbildungsangebote Internetpublikation zum Projekt




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ästhetische Anforderungen wie: Schönheit der Darstellung, medienspezifisch zweckentsprechende Gestaltung …
Von ästhetischer Seite ist das Multimediaprojekt nüchtern, ruhig und geschmackvoll gestaltet.
(d) Ergonomisch-technische Anforderungen

technische Anforderungen wie: Benutzerfreundlichkeit, Interaktivität, Ausnutzung des Potentials der multimedialen Verarbeitung ... .
Das multimediale Bildungsprojekt ist übersichtlich in drei Ebenen strukturiert. von der Einführungsebene gelangt man unter anderem zum Hauptmenü und zum Inhaltsverzeichnis. Von dort aus kann man konkretes Material auswählen sowie in Form einer inhaltlichen Zusammenfassung (eigentlich eine PPT-Präsentation) und weiter zu Filmausschnitten oder zu Verweisen auf Begleitmaterial (Methodische Blätter) gelangen.

Die Unterrichts-DVD ist über einen Link mit der Webseite des „Instituts zum Studium totalitärer Regime“ verbunden (http://www.ustrcr.cz/cs/srpen-1968) und weist in ihrer Einführung darauf hin, dass auf eben jener Internetseite methodische Blätter zur Verfügung stehen. Die Seite bietet allerdings nur weitere zeitgenössische und der Übersicht dienende Materialien (z.B. eine Chronologie der Ereignisse des 20. und 21. August), keinesfalls aber didaktische und methodische Unterstützung für Lehrer. Diese müssen sich so vor allem mit kurz gefassten methodischen Inspirationen begnügen, die den zeitgenössischen Ausschnitten auf der eigentlichen DVD bzw. als PDF-Dateien unter F:\methodischeBlätter beigefügt sind. So enthält beispielsweise das methodische Blatt zum Unterthema Novotný nach seinem Fall (F:\methodischeBlätter\01-Prolog-Prager-Frühling\0104.pdf) neben der Annotation eigene Filmausschnitte (Präsidentenwahl im März 1968) und auch „methodische Anregungen“ mit Fragen, die der Lehrer nach Vorführung der Ausschnitte vorbringen kann. Dazu gehören auch die „richtigen Antworten“. Die Fragen sind dabei leider unpädagogisch trivial und zielen auf Nebensächlichkeiten ab, z. B.: „Wie bewerten Sie Novotnýs Auftritt vor der Kamera? Was sagt dies über ihn aus?“ Daraus ergibt sich zwangsläufig, dass die „richtigen Antworten“ ein ähnlich trivialisierendes und grundsätzlich für die Entwicklung des Geschichtsbewusstseins der Schüler nebensächliches, vielleicht sogar kontraproduktives Niveau aufweisen. Im beobachteten Beispiel sieht die Antwort, zu der die Schüler kommen sollen, folgendermaßen aus: „Novotný ist unsicher und verlegen, man kann sehen, dass er sich ganz bestimmt nicht an die Kamera gewöhnt hat und sie ihm fremd ist. Novotný war ein typischer Apparatschik ohne Charisma, der in der Öffentlichkeit prinzipiell nur Phrasen drosch und eines wirklichen, unmittelbaren Kontakts mit der Öffentlichkeit unfähig war. Im Filmausschnitt wirkt er eher wie ein verlegener Onkel vom Lande als ein ehemaliges Staatsoberhaupt.“ Der didaktische Primitivismus vorgefertigter Antworten und die naive Bewertung Novotnýs („verlegener Onkel vom Lande“) belegen das niedrige Niveau der didaktischen Verarbeitung des Themas.


(e) ethisch (Verhältnis zum Thema, Stärkung des Verantwortungsbewusstseins
Trotz des deklarierten Ziels „zur Entwicklung kritischen Denkens, zur Unterscheidungsfähigkeit zwischen realem und fiktivem Geschehen und zur Erkennung von Manipulation beizutragen“, hat die Eingleisigkeit des multimedialen Projekts eher autoritären Charakter, weder (die praktisch nicht vorhandene) Struktur noch das Interaktivitätsangebot regen zu selbstständigem Nachdenken über die Vergangenheit oder zur Suche nach dem gegenwärtigen Verhältnis zum Prager Frühling von 1968 an. Anstatt das Problem des Verhältnisses von Gegenwart und Vergangenheit zu thematisieren, wird hier eher existierendes Geschichtsbewusstsein als ein nicht eingestandener Auslegungsrahmen untergeschoben.

Sehr problematisch ist die Knappheit der methodischen Blätter und ihre Verbindung mit den Ausschnitten. Beispielsweise zum Thema Anfänge der Normalisierung (also zur Entwicklung nach 1968 und der Militärinvasion der Warschauer Vertragsstaaten in der Tschechoslowakei) wird als Beispiel des propagandistischen Kampfes gegen die Protagonisten ein mehrere Sekunden langer Auftritt des Fernsehmoderators Miloš Frýba mit dem Titel Frýbas Fehleinschätzung angeführt. Das methodische Blatt führt dazu an: „Schon im August 1968 kam es zur Gründung des Presse- und Informationsamts, das faktisch eine Zensurfunktion ausübte, während des Herbstes und des Winters verstärkte sich der Druck des Staates auf die Unabhängigkeit des Fernsehens. Im Frühjahr 1969 geriet das Fernsehen endgültig unter die Kontrolle der Normalisierer, vor allem dank zahlreicher personeller Säuberungen. Ab August 1969 begannen Sendungen aufzutauchen, die Falschinformationen über den Prager Frühling verbreiteten. Bei den meisten führte Miroslav Hladký Regie. Der Film Der 17.November und die studentische Gegenwart zielt auf die Diskreditierung der Studentenbewegung der Jahre 1967-1969 ab. In der Einleitung wird der Jahrestag der Schließung der Hochschulen im Herbst 1939 verwendet (missbraucht), aber die meiste Zeit ist der Fehleinschätzung der Studentenbewegung gewidmet. Der Erneuerungsprozess wird hier konsequent als Verschwörung machthungriger Karrieristen dargestellt.“ Auf die Frage „Wie wird die jüngere Vergangenheit eingeschätzt?“ heißt es: „Krisensituation. Massenpsychose und Wecken nationalistischer Emotionen. Bereits hier in der Einführung wird ein Motiv angedeutet, das sich dann durch den ganzen „Dokumentarfilm“ zieht. Nämlich, dass eine Abweichung von der „richtigen Linie“ in gewisser Weise verrückt und anormal ist. Hinter all dieser Torheit stehen dann „die Feinde des Sozialismus“. Den eigentlichen Dokumentarfilm des Regisseurs M.Hladký, aus dem der Ausschnitt stammt, findet man aber nicht, auch nicht auf der Bonus-DVD, die Bestandteil des ganzen Sets ist.





Katalog: evalumedia

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