Thomas A. Bauer, Marko Ivanisin, Bernd Mikuszeit (Hrsg.) Evaluierung von Bildungsmedien und Multimedia Kriterien und Weiterbildungsangebote Internetpublikation zum Projekt




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Erstes Beispiel: „1968: Zerstörte Hoffnung“

Das Multimedia-Bildungsprodukt „1968: Zerstörte Hoffnung“ befasst sich mit der Thematik des Prager Frühlings 1968 und arbeitet zur Interpretation dieser Zeit vor allem mit dem Medium Film. Es handelt sich um eine Doppel-DVD: der eigentlichen multimedialen Unterrichts-DVD sowie einer Bonus-DVD, auf der sich zeitgenössisches Filmmaterial befindet. Das Produkt ist als Lehrhilfe für den Geschichtsunterricht gedacht und bildet eine komplexe Materialsammlung mit kostenfreiem Webseitenzugang des Instituts.


Das allgemeine Bildungsanliegen der DVD richtet sich auf „die Entwicklung kritischen Denkens, die Fähigkeit, reale und fiktive Geschichte unterscheiden und Manipulation erkennen zu können“ (in dieser Sicht befasst sich die DVD eher mit medialer Erziehung als mit Geschichte, so, wie diese beiden Bildungsbereiche in der grundlegenden Dokumentation des Bildungsplans definiert sind, siehe www.rvp.cz).

Die eigentliche DVD ermöglicht mittels ausgewählter zeitgenössischer Film- und Fernsehaufnahmen, die politischen und gesellschaftlichen Voraussetzungen des Prager Frühlings, dessen Hauptprotagonisten und die Haltung der tschechoslowakischen Öffentlichkeit kennenzulernen und zu erfahren, wie die Weltöffentlichkeit die Entwicklung in der Tschechoslowakei wahrnahm - vom Einmarsch der Truppen des Warschauer Vertrags in der ČSSR im August 1968 bis zum Ausklang des Prager Frühlings und der weiteren Entwicklung Anfang der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts.


Bewertung nach einzelnen Kriterien:
(a) Pädagogisch-inhaltliche Anforderungen

sachliche Anforderungen wie faktische Richtigkeit, Datenrelevanz … und
ethische Anforderungen wie Beziehung zum Thema, Stärkung des Verantwortungsbewusstseins ...
Die Zusammenfassung der Hauptereignisse und -akteure des beobachteten Zeitraums bietet unverfälschte Fakten, die sachlich und überlegt aufgenommen worden sind.
Die DVD beinhaltet die Themenkreise:
1. Prolog des Prager Frühlings,
2. Akteure und ihre Ziele,
3. Öffentliche Meinung,
4. Blick von außen,
5. Invasion,
6. Beginn der Normalisierung.
Jeder Themenkreis enthält verschiedenes Material zum didaktischen Gebrauch. Dabei handelt es sich beispielsweise um Ausschnitte aus zeitgenössischen Filmen oder aus der Fernsehpublizistik, aber auch um direkt verwendbare Präsentationen. Die Bandbreite besitzt selektiven Charakter. Das zeigt sich unter anderem darin, dass sich der Teil „Sicht von außen“ ausschließlich auf eine Auswahl von Auffassungen mit Betonung auf die Reaktion der UDSSR beschränkt, währenddem ein großer Teil Europas, in dem der Prager Frühling Widerhall fand, übersehen wird und eine systematischere Auslegung vermissen lässt.
Die Auswahl der Ausschnitte, insbesondere Ton und Inhalt der Präsentationen, deutet auf einen Hang der Autoren zu einer Interpretation des Prager Frühlings, die sich am stärksten in der neoliberal gestimmten Publikationsproduktion nach 1989 durchsetzt und sich auf die Annahme stützt, dass es vor allem um eine Entwicklung innerhalb der KSČ ging, die sich lediglich mit der Unzufriedenheit in der Gesellschaft überschnitt (siehe z.B. die Präsentation zum Thema Prolog des Prager Frühlings mit dem Titel Anfänge eines Erneuerungsprozesses, in der unter anderem die Situation um das Januar-Plenum des ZK der KSČ und das Verhältnis seiner Mitglieder zum damaligen Staatspräsidenten und höchsten Repräsentanten der KSČ mit folgenden Worten charakterisiert wird: „Novotnýs Gegner waren in der Mehrheit, die Gruppe an sich war aber inhomogen“).

Trotz des deklarierten Ziels, „zur Entwicklung kritischen Denkens, zur Fähigkeit, reales und fiktives Geschehen unterscheiden und Manipulation erkennen zu können, beizutragen“, hat die eingleisige Ausrichtung des Multimediaprojekts eher autoritären Charakter - weder seine (fast nicht existente) Struktur noch das interaktive Angebot regen zu selbstständigem Nachdenken über die Vergangenheit oder zur Suche nach dem gegenwärtigen Verhältnis zum Prager Frühling 1968 an. Das in der Realität vorhandene Geschichtsbewusstsein bewertet man hier eher als uneingestandenen Interpretationsrahmen, anstatt es als Problem des Verhältnisses zwischen Gegenwart und Vergangenheit zu thematisieren.


(b) Didaktisch-methodische Anforderungen: didaktische Anforderungen wie Logik der Verarbeitung der Interpretation, Anschaulichkeit, Interaktivität
Das Material ist sehr übersichtlich und sparsam verarbeitet worden. Es stellt allerdings keine geschlossene, mit einer logischen Struktur unterlegte Interpretation dar, sondern eher eine Sammlung locker verknüpfter Unterthemen. Einen gewissen Halt bieten die auf den Webseiten des Instituts zugänglichen Methodischen Blätter und Materialien. Problematisch sind auf der anderen Seite vorgefertigte Präsentationen. Bei diesen kommt erschwerend das völlige Fehlen von Verweisen auf anderes auf der DVD befindliches Material hinzu.

Das Multimediaprojekt bietet eine nur sehr beschränkte Interaktivität, gibt keinerlei Feedback und ist vor allem ein digitalisiertes Archiv für den Lehrer, keinesfalls ein wirkliches multimediales Bildungsprojekt.


(c) Medial-gestalterische Anforderungen:




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