Traumata und Lehren. Die Nachkriegsstabilität und der Sozialstaat




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Sana26.06.2021
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Traumata und Lehren. Die Nachkriegsstabilität und der Sozialstaat
Die Wirtschaftskrise der 30ger Jahre, die grundlegende Krise des Politischen durch Faschismus und Nazismus, der Krieg und die Industrialisierung des Massenmordes konstituierten die sozialpolitischen Traumata und die Erfahrung, die sowohl zu der Überwindung des Paradigmas der säkulären Metaphysik des effizienten Marktes, als auch zu der Notwendigkeit der Demokratisierung des Kapitalverhältnissens durch die inhaltliche Erweiterung der formellen Gleichheit durch die sozialen Rechte(Sozialstaat, Wohlfahrtsstaat) geführt haben. Diese Erfahrung ging einher a.) mit der Notwendigkeit der Abwehr des Einflußbereiches der Sowjetunion, wofür soziale Konsensstrategien notwendig geworden waren und natürlich b.) mit dem industriellen Wiederaufbau Europas, der ebenfalls den sozialen Konsens benötigte. Um diesen Erfordernissen gerecht zu werden und die erneute Destabilisierung des demokratisch-liberalen-kapitalistischen Systems nicht zu riskieren, da man mittlerweile wußte was daraus folgen würde, war a.) die langfristige Stabilisierung der Wirtschaft, also der vom Westen beeinflußten Weltwirtschaft, notwendig und b.) die Stabilisierung der nationalen Gesellschaften, die den westlichen Einflußbereich ausmachten, wobei Europa - als Matrix der nationalistisch-rassistischen Katastrophe- zwangsläufig eine zentrale Stellung bei dieser Zielsetzung einnahm. So lieferte das Abkommen von Bretton-Woods(1944-1971) den stabilen internationalen Rahmen(natürlich unter der Führung der USA und durch die festen Wechselkurse zum an den Goldstandard gebundenen Dollar, der dadurch endgültig zur Weltwährung wurde), der neue konsensuelle Bedingungen für das Kapitalverhältniss in den jeweiligen Gesellschaften der industriellen kapitalistischen Welt ermöglichte. Dieser Konsens, der die Form der verschiedenen Ausprägungen des Sozialstaates annahm(von der konzertierten Aktion der Sozialdemokratie, die als Neokorporatismus in die wissenschaftliche Literatur einging, bis zu der abgemilderten Form amerikanischer Prägung) ermöglichte eine bis dahin nie dagewesene materielle Distribution. Der soziale Konsens ermöglichte eine bis dahin nie dagewesene soziale Gerechtigkeit und dadurch, sowohl in Europa als auch in Amerika, ein noch nie dagewesenes reales Wachstum der wirtschaftlichen Leistung. Die Folge war die Stabilisierung der Demokratie, ihre Vertiefung durch die Erweiterung der sozialen Inhalte der Rechtsordnung und die Bildung von entsprechenden Institutionen, die endlich in der Konsequenz der Logik des allgemeinen Wahlrechtes standen. Die soziale Ordnung sprengte die Schranken, die die Rationalität des homo oeconomicus ihr auferlegt hatte und materialisierte die Vernunft des Politischen. Zweifellos behielt das Kapitalverhältnis weiterhin seinen Ungleichheitscharakter, aber die Institutionalisierung des Sozialstaates führte zu der Domestizierung(Habermas) der Gewalt des Marktes(primär des Arbeitsmarktes als Kern des Kapitalverhältnisses) und zu der, auch materiell begründeten, Bestätigung des Politischen. Somit kam der Begriff des öffentlichen Interessens und des Allgemeinwohls zur demokratischen Geltung. Das Privatinteresse blieb weiterhin das Fundament der liberalen Ordnung, und prägte als Ordnungsprinzip den Charakter und den Inhalt der demokratischen Rechts- und Wirtschaftsordnung, aber die soziale Bindung seiner Ausführung, seiner Praktizierung wurde als Regulationsprinzip seiner Geltung institutionalisiert. Der revolutionäre Anspruch der doppelten Eigenschaft des Menschen, als bourgeois/citoyen, wurde dadurch weitergehend realisiert. Das private Interesse (des homo oeconomicus) wurde, durch die Anerkennung und Geltung der politischen und sozialen Rechte (durch die aktive und inhaltliche Emergenz des homo politicus), als in der Reproduktion der Gesellschaft integriertes Grundelement des Politischen institutionalisiert (soziale Marktwirtschaft).

Die Politik, d.h. die politische Regulierung der Reproduktion des Kapitalverhältnisses auf der Basis seiner konsensuellen Reproduktion, als die gesellschaftliche Reproduktion garantierendes gesellschaftliches(ungleiches) Gleichgewicht, war nicht mehr der Störfaktor des ökonomischen Paradigmas. Der Keynsianische Konsens höhlte die säkuläre Metaphysik des liberalen Paradigmas aus, marginalisierte die Marktradikalität, den Liberalismus des homo oeconomicus, und versöhnte die Politik mit dem Politischen. Ungefähr 30 Jahre lang erlebte das Projekt der Moderne seine tiefgreifende Bestätigung. Die Folge war (zumindest für die industrialisierte Welt) ökonomisches Wachstum, reales Wachstum des BSP, Relativierung der Ungleichheit, Demokratisierung der Entscheidungsprozesse und die Emergenz einer Emanzipationsbewegung, die einer Kulturrevolution der supranationalen Durchsetzung der Menschenrechte als Quintessenz des Projekts der Moderne gleichkam.



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