Predigt am Reformationstag über Röm 7,14–25




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Sana10.04.2017
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Kostbarer Schatz

Dass ich protestantisch bin und du katholisch, dafür können wir beide nichts. Es ist ja viel Erbe, kaum eigene Entscheidung dabei. Je südlicher geboren, desto wahrscheinlicher römisch-katholisch. Nur weil der Retter der Reformation, König Gustav-Adolf, aus Schweden kam, ist es im Norden andersherum.

Die Bibel ist uns gemeinsam. Ausgangsort. Basisurkunde für uns beide, wenn auch die in Luthersprache geschriebene körniger daherkommt als die auf Zimmertemperatur gehaltene Universalübersetzung. Und gemeinsam haben wir die großen Glaubensbekenntnisse, das Vaterunser, die Ahnung einer Weltfamilie, die Auferstehungshoffnung. Und gemeinsam, auch das, haben wir ein ethisches Netz, die Zehn Gebote und das Gebot der Nächstenliebe.

Verschieden sind unsere Vorstellungen von Kirche. Für Katholiken, hat einer mal gesagt, entscheidet sich das Verhältnis zu Gott an der Haltung zur Kirche, bei den Protestanten ist das umgekehrt. Für Protestanten ist Kirche nicht so wichtig, sie haben ›direkten Draht, ohne irdischen Zwischenhandel‹. Gut, wenn das so ist, doch wenn nicht, ist man als Evangelischer mit seinem Gewissen ziemlich allein. Man muss schon eine Art Begeisterung haben zu Jesus, muss sich aus dessen Geschichten und Worten eine Hütte bauen, sonst kann es einsam werden. Katholiken haben eine große heilige Familie um sich her, heiliggesprochene Frauen und Männer quer durch die Jahrhunderte sind ein Team, das zur Rettung der Seelen im Dienst steht. Diese Fürbitter bei Gott, der Christus vorneweg, bilden den ›Mauerschutz‹ der Kirche. Der macht sie so kostbar, weil das Einzelmenschlein ansonsten alleine dastünde in den Ängsten (die oft erst von der katholischen Erziehung erzeugt werden). Und dann Christi Sterben: Die Katholische Kirche inszeniert es in der Eucharistie jeweils neu und bringt dem Vater das Opfer seines Sohnes allemal neu dar. Dieser erlässt dann die Sünden um der Liebe des Sohnes willen. Bei uns Evangelischen versöhnt Gott die Welt mit sich selbst. Gott bittet uns, dem Werk der Liebe zu vertrauen. Und wenn wir einander zu Brot und Wein werden, dann erbaut sich der Leib Christi immer wieder neu. So einfach und klar ist das.

Die Evangelische Kirche hat viele Meinungen und Grüppchen und Kirchlein in sich. Das ist Reichtum und das ist Schwäche, beides zugleich. Die römisch-katholische Kirche hat andere Defizite: die Diktatur des Zölibats, die Priester- und Männerdominanz, die Missachtung des persönlichen Gewissens. Wer weiter Schwangerschaftsberatung mit offener Entscheidung wolle, habe ein objektiv falsches Gewissen, und wer als kirchliche Mitarbeiterin die Ehe mit einem geschiedenen Partner eingeht, die verliert in der Gemeinde ihren Arbeitsplatz. Noch immer ist das so und leider nicht anders. Mit Bruder Papst als unfehlbarer Lehrautorität ist das entfernt sogar schlüssig. Aber ein Mensch als Hort der Wahrheit? Das geht nicht, zu viel der Ehre, sagt da der Protestant! Und bestaunt schon mal die prächtig inszenierten Hochämter, ohne sich im nächsten Augenblick nicht schon wieder nach den freisprechenden, fröhlichen Gottesdiensten zu sehnen, von denen er wünscht, dass sie noch immer und immer wieder neu (so der Heilige Geist es will) gelingen. Ja, und dann sind da auch noch die Kirchentage mit weit geöffneten Türen und Ideen und Proben weit über die Zeit hinaus. Und wenn das Besondere dann nicht mehr nur das Außergewöhnliche ist, sondern Aufnahme findet im Programm des Gewöhnlichen, dann könnte es eines gar nicht so fernen Tages dazu führen, dass der Heilige Geist seiner Kirche noch ganz andere Wege weist, die Kostbarkeit seines Schatzes in der Welt bekannt zu machen.


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