Arbeitshilfen für die Gestaltung von Gottesdiensten zu Kasualien, Feierragen und besonderen Anlässen




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Sana10.04.2017
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3. Szene: Ein Ablassbrief ist das Heilmittel – oder nicht?

Magdalena und Heinrich kommen aus zwei Richtungen und stoßen aufeinander.

Magdalena:

Herr Vater!



Heinrich:

Wo kommst du her, meine Tochter?



Magdalena:

Die Mutter hat mich zur Kirche geschickt. Sie war so außer sich, weil ich mit meinen Kräutern … na ja … Ich habe eine ganze Stunde gebetet, zur Jungfrau Maria und allen Heiligen, die ich kenne … Herr Vater, ich habe schon so viel gebetet, ich habe so viele Kerzen angezündet, ich bin auf den Stufen der Kirche hochgerutscht mit meinen Knien, weil Mutter das wollte. Und Sie, Herr Vater, Sie selbst geben ja auch dem Priester jede Woche etwas Geld, damit er für uns eine Messe liest und – trotzdem: Die Mutter findet keine Ruhe.



Heinrich:

Sie hat Angst, dass Gott böse auf uns ist.



Magdalena:

(eindringlich) Herr Vater, dann bitten wir Gott um Verzeihung!

Heinrich:

Aber wenn Gott richtig zornig auf uns ist! Sieh dir unsere Stadt an. Diese Welt! Gott hätte sicher Grund, zornig zu sein.



Erzähler/in 1:

(laut von hinten) Das ist wohl wahr!

Magdalena:

Aber Gott ist doch nicht nur zornig. Er liebt uns doch auch! Und er vergibt uns, wenn wir ihm alles ehrlich sagen.



Heinrich:

Aber vielleicht reicht das nicht, Magdalena. Vielleicht will Gott noch mehr von uns! Ein Zeichen unserer Reue! Ein großes Zeichen! Komm mit, Magdalena! Ich habe gehört, ein berühmter Prediger ist ganz in der Nähe. Die Leute strömen von überall her, um ihn zu hören …



Auf dem Marktplatz. Viele Leute sind schon da bzw. kommen aus dem linken Seitenschiff, in der Mitte ein Podest für den Prediger, daneben ein Aufpasser mit der Geldkiste

Magdalena:

Vater, wie heißt der Prediger? Und wer ist der Mann mit der Truhe daneben?



Heinrich:

(leise) Der Prediger, das ist Johann Tetzel. Er ist von Erzbischof Albrecht zum päpstlichen Generalsubkommissar ernannt worden.

Erzähler/in 2:

(von hinten) Das klingt wichtig!

Tetzel:

(lauernd) Na, wie geht es euch? Kommt! Wie geht es eurem Bauch? Knurrt er, weil er nach dem dünnen Süppchen immer noch so schrecklich leer ist? Oder kneift er, der Bauch? Zwickt er von dem Fleisch, das schon seit Tagen in der Kammer vor sich hingemodert hat? (schreit) Dieses Knurren und Zwicken und Kneifen ist nichts gegen das Knurren, Zwicken, Kneifen, das euch in der Hölle erwartet! (Volk stöhnt)

Ihr meint, es geht euch hier schlecht, weil ihr in schlechten Kleidern, abgelaufenen Schuhen und Schulden bis zur Halskrause steckt. (schreit) Das ist nichts gegen das Elend, das euch in der Hölle erwartet! Hört ihr nicht eure toten Eltern und Großeltern, wie sie schreien aus der Hölle: »Erbarmt euch doch! Erbarmt euch doch unser!« Was steht ihr noch untätig herum? Lauft um das Heil eurer Seelen!



Erzähler/in 2:

(von der Seite) Ich bin auf einmal richtig froh, dass unsere Pfarrerin und unser Pfarrer bei uns predigen und nicht dieser Tetzel.

Heinrich:

Bleib, Magdalena, und hör, was er uns zu sagen hat.



Tetzel:

Wer von euch hat noch nie gesündigt? Wer von euch hat immer getan, was Gott wollte? Ja, warum meldet ihr euch denn nicht? Hat der Teufel euch gepackt? Hat er euch eingewickelt? Dann seid ihr verloren! (Volk stöhnt)

Aber, meine lieben Kinder, was denkt ihr denn? Eure Mutter Kirche lässt euch doch nicht im Stich! Könnte Mutter Kirche zusehen, wie ihre Kinder ins Verderben laufen? Niemals!

Darum schenkt sie euch die Vergebung aller eurer Sündenstrafen. Amen. (Menge klatscht) Nehmt das hier! Es ist aus dem Schatz der Mutter Kirche. Nehmt diesen Vergebungsbrief! Er ist kostbarer als euer Leben! Er ist ewiger Friede für eure Seelen!



Heinrich:

(greift nach dem Ablassbrief) Ich will einen!

Tetzel:

Aber, aber, mein eiliger Freund! Ihr wollt doch die Vergebung nicht so billig, so einfach, oder? Christus und die Märtyrer haben ihr Blut dafür gegeben, und du willst nicht einmal ein jämmerliches Almosen für diesen Brief geben?



Heinrich:

Ja, natürlich … (kramt in seinem Geldbeutel)



Magdalena:

Aber Vater!



Tetzel:

Für was begehrst du, mein Freund, wenn ich fragen darf, die Vergebung?



Heinrich:

Dafür, dass ich dem Grafen einen Sack Weizen vorenthalten habe.



Tetzel:

Das macht 2 Dukaten.



Heinrich:

Und dafür, dass ich meinen Nachbarn Philipp verflucht habe.



Tetzel:

Das macht auch 2 Dukaten.



Heinrich:

Und dass ich der Annegret hinterhergeschaut habe …



Tetzel:

Das macht 5 Dukaten.



Heinrich:

Aber – das sind ja 9 Dukaten!



Magdalena:

Vater, das darfst du nicht machen! Das ist alles, was wir zurückgelegt haben, um neues Saatgut zu kaufen für die Felder. Und du hast auch gesagt, dass ich vielleicht im nächsten Jahr auf die Klosterschule gehen kann … Wenn du alles ausgibst für diese Vergebungsbriefe, dann geht das nicht – und wir werden verhungern!



Tetzel:

Ach mein Kind! Was ist Verhungern gegen die ewigen Qualen der Hölle?



Magdalena:

(zieht ihren Vater weg) Vater, tue es nicht! Ich flehe dich an! Glaub ihm nicht! Das kann Gott doch nicht wollen!

Heinrich:

(zieht die Hand zurück, sackt in sich zusammen) Es ist doch nur, damit die Mutter endlich Ruhe findet!

Magdalena:

Vater, komm nach Hause. Gott wird einen Weg für unsere Mutter wissen. Für uns alle!



Tetzel:

(ruft aus) Sobald das Geld im Kasten klingt, die Seele aus dem Fegefeuer springt! Sobald das Geld im Kasten klingt …

Stimmen aus dem Volk:

Ich will einen Vergebungsbrief!

Ich bezahle, was du verlangst!

Für die Sünden meiner verstorbenen Mutter!

Ich will gleich drei Ablassbriefe!

Lied


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