Gottesdienst über Solus Christus mit dem Heidelberger Katechismus




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Sana10.04.2017
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Alles weitere dann!

Alles möglich. Alles machbar. Heute so und morgen so. Und wenn ich es noch mal ganz anders meine, dann eben so. Alles ganz einfach. Freiheit ist gut!

Es gab eine Zeit, da war das nicht so. Zur Zeit Martin Luthers. Wenn der sein Jurastudium beendete und ins Kloster ging, weil ihn der Blitz erschreckte und die Angst überkam, dann klingt das in unseren Ohren, nun ja, ein bisschen seltsam. Überhaupt seine Furcht vor dem letzten Gericht, sein Ringen, hier schon, um den gnädigen Gott. Und doch: Die Angst ist nicht kleiner geworden, Krieg und Verwüstung bestimmen die Lage, Hunger und Elend, Terror und Flucht. Die Welt scheint aus dem Ruder zu laufen, wieder einmal, und keiner da, der dem führungslosen Karren die Richtung weist. Und wie lange ich es selbst noch schaffe im Beruf, in der Familie, unter den Bedingungen, die sind, wird sich zeigen, einfach ist’s nicht!

Für Luther war es die Angst, vor Gott nicht bestehen zu können. Für uns heute ist es die Angst, vor den anderen, nicht mal vor uns selbst bestehen zu können. Das Ergebnis ist dasselbe. Das Leben verdampft, zerfasert, bricht weg. Wir haben uns zur »Risikogesellschaft« entwickelt, sagen kritische Beobachter. Nicht nur dass jeder in dem, was er tut, vor der Aufgabe steht, zu reüssieren. Er muss es nicht nur, um auf sich aufmerksam zu machen, sondern er muss es beim nächsten Mal wieder, aber anders, denn sich auf etwas einzulassen, was war, ist für den Fortgang keine Gewähr. Selbstrechtfertigung als Dauermodus. Alles das geht eine Weile, aber einmal auch nicht mehr. Und dann wäre es gut, einen Gesprächspartner zu haben. Einen, der sich mit den Mechanismen des Lebens schon ein bisschen befasst hat. Nichts anderes taten die Reformatoren, denn ihre Fragen nach Gott waren immer auch Fragen nach dem Grundklang menschlichen Lebens. Menschliches Leben?

Meine ja nicht, das Leben eines Menschen hänge vom Wert und Umfang seiner auf die Waage gebrachten Leistung ab. Überhaupt hängt der Wert deines Lebens keine Sekunde von dem ab, was es mit dem Kopf oder der Hand und dem Fuß zu stemmen in der Lage ist. Deshalb täten wir als Christenmenschen gut daran, vom Wert des Menschen gar nicht zu reden, deutlich zurückhaltender auch damit zu sein, auf dieses oder jenes menschliche Leben stolz zu sein. Mit dem Stolz des menschlichen Lebens hat es Gott nicht, Gott sei Dank! Schönheit, tolles Auftreten, strahlende Zähne, Dauerverfügbarkeit, Dauer-Gute-Laune: Alles das mag der Geist der Zeit sein, beeindruckt Gott aber nicht eine Sekunde. Gott setzt dem allen sein Eigenes entgegen: Nicht deine Taten und Untaten machen’s! Nichts von dem, was du tust! Dein Glaube macht’s! Dein Glaube an den, der dich will als »neue Kreatur«!

Freiheit also. Ungeschminkt. Ungeschmälert. Freiheit für uns, die es gewohnt sind, Freiheit für uns selbst nur immer hoch, für andere so klein wie nur möglich zu halten. »Schon immer so!« heißt es dann, wenn an Besitzständen nicht gerührt werden und alles so bleiben soll, wie es ist. Und »was aus dem schon werden soll« wird als Frage in Sekundenschnelle erledigt, wenn man dem, nach dem gefragt wird, ohnehin nicht über den Weg traut. Der hat es gestern nicht gepackt, also packt er es auch nicht morgen. Gegenwart? Das ist, was ich aus der Vergangenheit weiß. Und Zukunft? Die Wiederholung des immer Gleichen. Die Botschaft der Reformation ist gerade das Gegenteil: Gott traut uns für den morgigen Tag etwas zu, was wir nie für möglich gehalten hätten!

Freiheit ist dann entscheidend mehr als die multioptional gepflasterte Wahl der genehmen Marke und/oder des Urlaubsortes. Mehrwert des Lebens, Spielraum gegenüber den alltäglichen Leistungs- und Rechtfertigungsattacken, wirkmächtiger Einspruch gegenüber den übertriebenen Erwartungen an mich selbst, die Handbreit Wasser unter dem Kiel meines Lebensschiffchens in stürmischen Zeiten. Reformatorischer Glaube wird nicht damit aufhören, immer neu darauf zu verweisen, dass der Mensch deutlich mehr ist als die Summe dessen, was er von sich selbst weiß oder andere meinen von ihm zu wissen. Er wird es mit dem Bild des alten Psalms (Ps 8) halten, der den Menschen von einer Würde umkleidet rühmt, die ihn ein Tüttelchen kleiner nur als Gott selbst sein lässt. Im Umgang mit unseren Zeitgenossen gilt das dann auch und möchte sich verantwortlich ins Werk setzen: Ihr Kinder in der Schule, ihr Patienten in der Klinik, ihr Mitarbeiter/innen in den Unternehmen, Redaktionen und Verwaltungszentren, ihr vielen auch, die ihr aus den Ruinen eurer Städte und Länder über gefährliche Wege zu uns nach Deutschland geflohen seid, und alle ihr anderen: nur ein Tüttelchen kleiner als Gott! Und so auch will ich es für mich selbst glauben: Fürchte dich nicht! Der dich gewollt hat, noch ehe du dir darüber selbst hast Gedanken machen können, will dich, geht lange und längste Wege dafür! Sei, der du bist! Alles weitere dann!


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