20. Die Juden und ihr Versuch des Tempelbaues und die von Gott über sie verhängten Strafen
Denn auch dieser hatte die bösen Geister in sich aufgenommen und ließ nicht ab, nach Art der Korybanten zu rasen und gegen die christliche Religion zu wüten. Aus diesem Grunde bewaffnete er auch die Juden gegen die Christgläubigen. Zuerst rief er sie zusammen und fragte sie, warum sie denn, da doch das Gesetz zu opfern befehle, keine Opfer darbrächten. Und als sie antworteten, daß ihr Gottesdienst auf einen einzigen Ort beschränkt sei, da traf der gottgehaßte Mann sofort die Anordnung, den zerstörten Tempel wieder herzustellen, indem der törichte Mensch glaubte, die Weissagung des Herrn Lügen strafen zu können. Indessen bewies er nur noch mehr ihre Wahrheit. Die Juden vernahmen nämlich die kaiserlichen Worte mit großer Freude und setzten alle ihre Volksgenossen auf der ganzen Erde von dem Befehl in Kenntnis. Diese kamen rasch von allen Seiten her zusammen und brachten Geld und Eifer zum Bauen mit. Das meiste aber steuerte er selbst bei, der den Befehl zum Bauen gegeben hatte, nicht aus Freigebigkeit, sondern aus Haß gegen die Wahrheit. Zugleich sandte er auch einen Baumeister, einen würdigen Vollstrecker seiner gottlosen Befehle. Sie sollen auch Hacken, Schaufeln und Körbe von Silber angefertigt haben.
Als man nun anfing zu graben und den Schutt fortzuschaffen, waren den ganzen Tag hindurch viele Tausende mit dieser Arbeit beschäftigt, während der Nacht aber wurde der Schutt von dem aufgeschütteten Haufen hinweg von selbst wieder an seine frühere Stelle zurückgebracht. Sie zerstörten sogar die letzten Trümmer des alten Baues, in der Hoffnung, das Ganze von Grund auf wieder neu herstellen zu können. Nachdem sie aber viele tausend Scheffel Gips und Kalk gesammelt hatten, erhoben sich plötzlich heftige Winde, die in wirbelnder Bewegung, in heftigen Stößen und in furchtbaren Stürmen mit einem Male alles das auseinander streuten. Da sie von ihrem wahnsinnigen Unternehmen noch immer nicht abließen und durch die göttliche Langmut nicht zur Besinnung gebracht wurden, entstand zunächst ein äußerst starkes Erdbeben, das auch die mit den göttlichen Dingen ganz und gar nicht Vertrauten hätte in Schrecken versetzen können. Und da sie noch immer nicht in Furcht gerieten, brach aus den Fundamenten, die sie ausgruben, Feuer hervor, das sehr viele von den Arbeitern verbrannte, während andere die Flucht ergriffen. Viele schliefen während der Nacht in einer nahegelegenen Halle. Da stürzte plötzlich das Dach und mit demselben das ganze Gebäude zusammen und begrub sämtliche, die darin schliefen, unter seinen Trümmern. In derselben Nacht und ebenso wieder am folgenden Tage wurde am Himmel in lichtem Scheine die Gestalt des Erlösungskreuzes gesehen, und auch die Kleider der Juden waren mit Kreuzen bedeckt, die aber nicht glänzend, sondern von schwarzer Farbe waren. Als die Gottesfeinde das sahen, gerieten sie in Angst wegen der von Gott verhängten Strafen, liefen eiligst davon, kehrten in ihre Heimat zurück und bekannten, daß der von ihren Voreltern ans Kreuzholz Geheftete wirklich Gott sei. Dieses vernahm auch Julian, da allgemein davon gesprochen wurde; aber gleich dem Pharao verhärtete er sein Herz.
21. Der Feldzug gegen die Perser
Als die Perser von dem Tode des Konstantius Kunde erhielten, schöpften sie wieder Mut, erklärten den Römern den Krieg und brachen in ihr Gebiet ein. Da beschloß Julian, ein Heer zu sammeln, obwohl er keinen Beschützer desselben hatte. Er sandte nach Delphi, Delos und Dodona und zu den anderen Orakelstätten und ließ die Wahrsager fragen, ob er den Feldzug unternehmen solle. Dieselben verlangten den Kriegszug und versprachen den Sieg. Einen dieser Orakelsprüche will ich zum Beweis ihrer Lügenhaftigkeit in meine Darstellung aufnehmen. Er lautet folgendermaßen: „Jetzt eilen wir Götter alle zu tragen die Zeichen des Sieges an den Fluß Ther (= wildes Tier); ich selbst, der stürmische, kriegsgewaltige Mars, werde ihr Führer sein.” Über das Lächerliche dieser Worte mögen sich diejenigen lustig machen, die den Pythius einen wahrsagenden Gott und Führer der Musen nennen; ich aber kann, da ich dessen Lügenhaftigkeit kennen gelernt habe, den, der sich von ihm hat täuschen lassen, nur bedauern. Fluß Ther (wildes Tier) nannte er den Tigris, weil ein wildes Tier mit ihm denselben Namen hat1. Derselbe entspringt auf den Bergen Armeniens, fließt durch Assyrien und ergießt sich in den persischen Meerbusen.
Von diesen Orakelsprüchen ließ sich der Unglückselige täuschen, träumte von dem sicheren Sieg und beschäftigte sich in seinen Gedanken bereits mit dem Kampfe, den er nach dem Perserkriege gegen die Galiläer unternehmen werde. Die Christen nannte er nämlich Galiläer in dem Wahne, ihnen durch diese Bezeichnung einen Schimpf antun zu können. Er hätte aber, da er doch in den Wissenschaften wohl bewandert war, bedenken sollen, daß der gute Ruf durch den Wechsel des Namens am allerwenigsten geschädigt wird. Auch wenn Sokrates Kritias und Pythagoras Phalaris genannt worden wäre, so hätte ihnen diese Namensänderung keinerlei Unehre gebracht; und ebenso, wenn man den Nereus Thersites genannt hätte, so würde er deswegen die von der Natur ihm verliehene Schönheit nicht verloren haben. Allein obschon der Kaiser in diesen Dingen wohl unterrichtet war, so bedachte er doch nichts von alledem, sondern glaubte, uns durch eine auf uns keineswegs passende Bezeichnung schaden zu können, und im Vertrauen auf die verlogenen Orakelsprüche drohte er bereits, in den Kirchen die Bilder der unzüchtigen Göttin aufstellen zu wollen.
22. Der Freimut eines Ratsherrn von Beröa
Nachdem Julian unter solchen Drohungen aufgebrochen war, wurde er gleich in Beröa von einem einzigen Manne überwunden. Dieser Mann war auch in anderer Hinsicht hervorragend, da er der Vorsitzende der dortigen Ratsversammlung war; noch berühmter aber machte ihn sein Eifer. Als er nämlich sah, daß sein Sohn zu der damals herrschenden Gottlosigkeit sich verirrt habe, jagte er ihn aus dem Hause und enterbte ihn öffentlich. Dieser begab sich in das unweit der Stadt gelegene Standquartier zum Kaiser und eröffnete ihm seine Gesinnung und die Enterbung durch seinen Vater. Der Kaiser gebot dem Jüngling ruhig zu sein und versprach ihm, seinen Vater zu versöhnen. Als er nach Beröa kam, lud er die in Amt und Würden stehenden Männer zu einem Mahle. Unter den Eingeladenen war auch der Vater des jungen Menschen. Er ließ nun denselben mit seinem Sohne auf seinem Polster Platz nehmen. Mitten während der Mahlzeit sprach er zum Vater: „Es scheint mir nicht recht zu sein, einer abweichenden Meinung Gewalt anzutun und sie ohne innere Zustimmung auf andere Wege bringen zu wollen. Zwinge also auch du deinen Sohn nicht, deinen Glaubenslehren zu folgen, wenn er nicht will. Denn auch ich”, so fuhr er fort, „zwinge dich nicht, meinen Meinungen zu folgen, obwohl ich sehr leicht Gewalt anwenden könnte.” Doch jener, der sein Denken im Glauben an die göttlichen Dinge geübt und geschärft hatte, erwiderte: „Sprichst du, o Kaiser, von diesem unseligen, gottverhaßten Menschen, der den Irrtum der Wahrheit vorgezogen hat?” Da umgab sich der Kaiser wieder mit dem Scheine der Sanftmut und entgegnete: „Höre auf, o Mensch, zu lästern!” Dann wandte er sein Angesicht dem Jüngling zu und sprach: „So will denn ich für dich sorgen, nachdem ich deinen Vater nicht dazu bewegen kann, dieses zu tun.”
Ich habe diese Geschichte nicht ohne Grund angeführt, sondern in der Absicht, nicht nur die bewunderungswürdige Kühnheit jenes ausgezeichneten Mannes zu zeigen, sondern auch um auf die Tatsache hinzuweisen, daß sehr viele Menschen der Macht des Kaisers Trotz boten.
23. Die Vorhersagung des Erziehers
So war auch in Antiochien wieder ein ganz ausgezeichneter Mann, der mit der Erziehung von Knaben betraut und, weil er mehr Kenntnisse besaß, als sonst einem Erzieher eigen sind, mit dem Fürsten der damaligen Lehrer befreundet war, mit Libanius nämlich, dem berühmtesten unter den Sophisten. Dieser aber war ungläubig, erwartete den Sieg Julians und träumte von der Erfüllung der kaiserlichen Drohungen. So fragte er einmal den Erzieher, spöttelnd über unseren Glauben: „Nun, was macht denn jetzt der Sohn des Zimmermanns?” Dieser, voll der göttlichen Gnade, sagte nun voraus, was bald darauf eintrat. Er antwortete nämlich: „Einen Sarg macht der Schöpfer des Weltalls, den du, o Sophist, spottweise den Sohn des Zimmermanns nennst.” Nach wenigen Tagen wurde der Tod jenes unseligen Menschen1 gemeldet; man legte ihn in einen Sarg und bestattete ihn. Seine großsprecherischen Drohungen aber hatten sich als trügerisch erwiesen.
24. Die Weissagung des Mönches Julianus
Auch derjenige, der in seinem Körper das Leben der Körperlosen nachahmte, ich meine den Julianus, der in der syrischen Sprache den Beinamen Sabas führt, dessen Leben ich in meiner Mönchsgeschichte beschrieben habe2, sandte, als er von den Drohungen jenes gottlosen Menschen Kunde erhielt, noch heißere Gebete zum Gott des Weltalls empor. An demselben Tage nun, an dem jener die Todeswunde empfing, erhielt dieser davon während des Gebetes Kenntnis, obwohl das Kloster von dem Lager mehr als zwanzig Tagreisen weit entfernt war. Man erzählt, er habe, während er innig betete und den allgütigen Herrn anflehte, plötzlich dem Strom seiner Tränen Einhalt getan, sei heiter und mit innerer Fröhlichkeit erfüllt worden, habe sein Antlitz in Freude erstrahlen und damit die Lust seiner Seele zu Tage treten lassen. Als seine vertrauteren Freunde diese Veränderung an ihm wahrnahmen, baten sie ihn, er möge ihnen doch den Grund dieser plötzlichen Aufheiterung mitteilen. Da erwiderte er: „Der wilde Eber, der den Weinberg Gottes verwüstete3, hat für diese seine Frevel die verdiente Strafe erlitten und liegt tot hingestreckt, und damit haben auch seine Nachstellungen ein Ende gefunden.” Als sie das hörten, sprangen alle vor Freude und sangen Gott zum Preise das Danklied. Sie erfuhren aber auch von den Boten, welche über das Ende des Kaisers berichteten, daß es eben jener Tag und jene Stunde war, wo jener heilige Greis den Untergang des frevelhaften Herrschers erkannt und sofort bekannt gemacht hatte.
25. Der Tod des Kaisers Julian in Persien
Die Unbesonnenheit des Kaisers zeigte sich so recht deutlich bei seinem Tode. Als er nämlich den Grenzfluß zwischen dem persischen und römischen Reich überschritten und das Heer hinübergesetzt hatte, ließ er sofort die Schiffe verbrennen, um die Soldaten zum Kampfe nicht so fast anzufeuern als vielmehr zu zwingen. Die tüchtigsten Feldherrn pflegen ihre Soldaten mit Kriegslust zu erfüllen, und wenn sie sehen, daß ihr Mut nachlassen will, so suchen sie dieselben von neuem zu begeistern und ihre Zuversicht aufrecht zu erhalten. Dieser aber schnitt sofort die gute Hoffnung ab, indem er die Brücke zum Rückzug verbrennen ließ. Dazu wäre es notwendig gewesen, den Soldaten die erforderliche Nahrung von allen Seiten zuführen zu lassen; er aber ließ dieselbe weder aus dem eigenen Lande kommen noch sorgte er durch Plünderung des feindlichen Gebietes für hinreichende Lebensmittel. Er verließ nämlich die bewohnten Gegenden und marschierte durch die Wüste. Da litten die Soldaten Mangel an Speise und Trank, irrten ohne Wegweiser in der Wüste hin und her und lernten so die Unvorsichtigkeit des weisesten Kaisers kennen. Während sie nun so jammernd und klagend umherirrten, fanden sie plötzlich den wütenden Bekämpfer seines Schöpfers verwundet am Boden liegen. Der kampfgeübte Mars war ihm nicht zu Hilfe gekommen, wie er es doch versprochen hatte; der Gott der dunklen Orakelsprüche1 hatte ihm Lügen geweissagt, der an Blitzen sich erfreuende Jupiter hatte gegen dessen Mörder keinen Donnerkeil geschleudert; seine großsprecherischen Drohungen lagen am Boden. Wer ihm jene gerechte Wunde beigebracht, das wußte und weiß niemand bis auf den heutigen Tag. Die einen sagen, das habe irgendein unsichtbares Wesen getan, andere, es sei einer von den sogenannten ismaelitischen Nomaden gewesen, wieder andere denken an einen Soldaten, der die Beschwerden des Hungers und der Wüste nicht länger zu ertragen vermochte. Aber wie dem auch sei, mag ein Mensch oder ein Engel das Schwert gezückt haben, sicher ist, daß er hierbei als Diener des göttlichen Willens gehandelt hat. Jener aber soll, so wird erzählt, als er die Wunde empfangen, sogleich seine Hand mit Blut gefüllt, dieses in die Luft geschleudert und ausgerufen haben: „Du hast gesiegt, o Galiläer!” So habe er mit einem und demselben Worte seine Besiegung eingestanden und zugleich eine Gotteslästerung ausgestoßen. So verblendet war er.
26. Die nach dem Tode des Kaisers zu Karrhä entdeckte abergläubische Beobachtung desselben
Nach dem unglücklichen Ende des Kaisers wurde auch die abergläubische Betätigung seiner heidnischen Magie aufgedeckt. Die Stadt Karrhä2 bewahrt noch heute die Überbleibsel seiner Gottlosigkeit. Der Törichte hatte nämlich seinen Weg über diese Stadt genommen, indem er Edessa, das sich durch entschiedenes Festhalten am christlichen Glauben auszeichnete, links liegen ließ. Er war dort in einen von den Heiden hochverehrten Tempel gegangen und hatte darin mit seinen Genossen eine abscheuliche Tat vollbracht, hatte dann Schloß und Siegel an die Türe gelegt und angeordnet, daß einige Soldaten vor derselben Wache halten sollten, und weiterhin befohlen, daß bis zu seiner Rückkehr niemand hineingehen dürfe. Als nun aber die Nachricht von seinem Tode eintraf und auf den ungläubigen Kaiser ein gläubiger folgte, da betrat man den Tempel und fand da einen Beweis der bewunderungswürdigen Tapferkeit, Weisheit und überdies auch der Frömmigkeit des Kaisers. Man erblickte nämlich ein Weib, das an den Haaren aufgehängt und dessen Arme ausgespannt waren; dessen Unterleib hatte der Frevler aufgeschnitten und aus der Leber natürlich seinen Sieg über die Perser herausgelesen. Diese abscheuliche Freveltat wurde zu Karrhä entdeckt.
27. Die im Palaste zu Antiochien aufgefundenen Köpfe
Zu Antiochia aber soll man im kaiserlichen Palaste viele Kisten voll von Köpfen und zahlreiche Brunnen angefüllt mit Leichen vorgefunden haben. Solche Dinge lernt man nämlich in der Schule der verabscheuungswürdigen Götter.
28. Allgemeiner Jubel in Antiochien
Die Stadt Antiochien selbst aber veranstaltete auf die Nachricht von dem Tode des Kaisers öffentliche Gastmähler und Volksfeste. Man frohlockte nicht nur in den Kirchen und in den Kapellen der Martyrer, sondern selbst in den Theatern verkündigte man den Sieg des Kreuzes und verspottete die Weissagungen des Kaisers. Ich will aber die denkwürdigen Worte der Antiochener genau anführen, damit die Erinnerung daran auch den künftigen Geschlechtern erhalten bleibt. Sie riefen nämlich alle wie aus einem Munde: „Wo sind, o törichter Maximus, deine Orakelsprüche? Gesiegt hat Gott und sein Christus!” Maximus war nämlich in jener Zeit ein Mann, der im Rufe eines Philosophen stand, in Wirklichkeit aber Zauberei trieb und sich rühmte, die Zukunft vorhersagen zu können. Daß aber die Antiochener, die von den beiden Apostelfürsten Petrus und Paulus die göttliche Lehre empfangen hatten und den Herrn und Erlöser der Welt innig liebten, den verhaßten Kaiser auch ihrerseits beständig verabscheuten, das wußte er selbst ganz genau. Deshalb hat er auch eine Schrift gegen sie verfaßt und ihr den Titel „Misopogon” („Barthasser”) gegeben1.
Ich aber will nun mit der Freude über den Tod des Tyrannen dieses Buch schließen; denn ich halte es nicht für recht, eine christliche Regierung in unmittelbarem Anschluß an eine christentumsfeindliche Herrschaft zur Darstellung zu bringen. Viertes Buch (363—378)
Viertes Buch [363—378]
1. Die christliche Regierung Jovians2
Nach dem unglücklichen Ende des Julian traten die Generale mit den Unterfeldherrn zur Beratung zusammen, wer die Regierung übernehmen, das Heer im Feindesland retten und die Lage der Römer, die infolge der Verwegenheit des Dahingeschiedenen, wie man zu sagen pflegt, auf des Messers Schneide stand, wieder besser gestalten könnte. Während sie hierüber beratschlagten, verlangte das Heer, das sich ebenfalls an einem Orte versammelt hatte, den Jovian als Kaiser, obschon derselbe weder General war noch der nächstfolgenden Rangklasse angehörte; er war aber ein ausgezeichneter, angesehener und in mehrfacher Hinsicht hervorragender Mann. Er war von sehr hoher körperlicher Gestalt, von hochherziger Gesinnung und gewohnt, in den Kriegen und den großen Kämpfen der Zeit sich vor allen anderen hervorzutun. Dem Unglauben gegenüber hatte er großen Freimut an den Tag gelegt und die Macht des Tyrannen nicht gefürchtet, sondern, was opferwilligen Mut anlangt, sich den Martyrern unseres Erlösers an die Seite gestellt. Die Generale betrachteten nun den einstimmigen Wunsch des Heeres als die Stimme Gottes, führten jenen in jeder Beziehung so tüchtigen Mann in ihre Mitte, errichteten in aller Eile einen Thron und setzten ihn darauf. Während aber alle ihm die einem Kaiser gebührenden Huldigungen erwiesen und ihn als Augustus und Cäsar begrüßten, lieferte der bewunderungswürdige Mann abermals einen Beweis seiner gewohnten Freimütigkeit, indem er ohne Scheu vor den Generalen und ohne Furcht vor einem Stimmungswechsel der Soldaten erklärte: „Ich kann als Christ nicht über solche Leute herrschen und nicht den Oberbefehl über das Heer des Julian führen, da es in schlechten Lehren erzogen ist; denn solche Leute werden, weil von der göttlichen Vorsehung verlassen, leicht überwunden und gefangen genommen und den Feinden zum Gespötte werden.” Als die Soldaten diese Worte hörten, riefen sie alle miteinander: „Trage kein Bedenken, o Kaiser, und schlage den Oberbefehl über uns nicht aus, gleich als wäre er schlecht; denn du wirst Heerführer von Christen sein, von solchen, die im wahren Glauben erzogen worden sind. Die älteren unter uns haben noch den Unterricht Konstantins genossen, die nachfolgenden haben an den Unterweisungen des Konstantius teilgenommen; die Regierungszeit des nunmehr verstorbenen Kaisers aber war kurz und selbst bei den von ihm Irregeführten nicht hinreichend, um den schmählichen Irrtum in ihnen zu befestigen.”
2. Die Rückkehr des heiligen Athanasius
Erfreut über diese Sprache ging der Kaiser mit sich zu Rate, wie er für das allgemeine Wohl sorgen und das Heer unversehrt aus dem feindlichen Lande zurückführen könnte. Es bedurfte aber keiner langen Überlegung, sondern er erntete gleich die Frucht von dem Samen seiner christlich-gläubigen Gesinnung. Denn alsogleich offenbarte der Gott des Weltalls seine Fürsorge und half ihm aus der sichtlichen Verlegenheit. Als nämlich der Perserkönig von dem Regierungsantritt Jovians Kunde erhielt, schickte er Gesandte, um über den Frieden zu verhandeln. Dann sandte er Nahrungsmittel für die Soldaten und ließ für sie in der Wüste einen Markt herrichten. Jovian aber schloß hierauf einen dreißigjährigen Frieden und führte das Heer wohlbehalten aus dem feindlichen Lande zurück.
Kaum hatte er den Boden seines Reiches betreten, da erließ er sofort ein Gesetz, das bestimmte, daß die Bischöfe aus der Verbannung zurückkehren sollten, und verordnete, daß die Kirchen denjenigen zurückgegeben werden müßten, die das zu Nizäa aufgestellte Glaubensbekenntnis unversehrt bewahrt hätten. Er richtete auch an Athanasius, den berühmten Verteidiger dieser Lehren, ein Schreiben mit der Bitte, es möge eine genaue Unterweisung über die göttlichen Dinge für ihn verfaßt werden. Dieser berief die angeseheneren Bischöfe zu einer Versammlung und ermahnte ihn in seinem Antwortschreiben, an dem zu Nizäa aufgestellten Glaubensbekenntnis festzuhalten, da dasselbe mit der Lehre der Apostel übereinstimme. Mit Rücksicht auf den Nutzen der Leser will ich diesen Brief in meine Darstellung einfügen.
3. Synodalschreiben über den Glauben an Kaiser Jovian1
„Dem überaus frommen und menschenfreundlichen siegreichen Augustus Jovianus entbieten Gruß Athanasius und die übrigen Bischöfe, die im Namen aller Bischöfe aus Ägypten, der Thebais und aus Libyen versammelt sind.
Wißbegieriges Streben und Verlangen nach den himmlischen Dingen ziemt einem gottgeliebten Kaiser. So wirst Du nämlich in Wahrheit Dein Herz in Gottes Hand haben und Deine Herrschaft eine lange Reihe von Jahren hindurch im Frieden hinbringen2. Da nun Deine Frömmigkeit von uns den Glauben der katholischen Kirche kennen lernen will, so sagen wir dem Herrn Dank dafür und wollen vor allem Deinen gottesfürchtigen Sinn an das von den Vätern zu Nizäa aufgestellte Glaubensbekenntnis erinnern. Dieses haben einige verworfen und uns auf mannigfache Weise nachgestellt, weil wir uns für die arianische Häresie nicht gewinnen lassen wollten, und sind so Urheber einer Häresie und von Spaltungen in der katholischen Kirche geworden. Der wahre und gottgefällige Glaube an unsern Herrn Jesus Christus ist aber für alle offenkundig; er wird aus den heiligen Schriften erkannt und öffentlich vorgelesen. In diesem Glauben haben ja auch die Heiligen durch das Martyrium ihre Vollendung erhalten und ruhen nun nach ihrer Auflösung im Herrn. Es wäre dieser Glaube auch immer unversehrt geblieben, wenn nicht die Bosheit gewisser Häretiker es gewagt hätte, ihn zu verfälschen. Ein gewisser Arius nämlich und seine Anhänger unternahmen es, diesen Glauben zugrunde zu richten und an seiner Stelle eine ganz gottlose Lehre einzuführen, indem sie sagten, der Sohn Gottes sei aus nichts, ein Geschöpf und Gebilde, und sei veränderlich; und sie führten dadurch viele in Irrtum, so daß auch diejenigen, die etwas zu sein schienen, durch ihre Lästerungen mitfortgerissen wurden. Doch unsere heiligen Väter versammelten sich, wie schon erwähnt, eiligst auf der Synode zu Nizäa, verurteilten die arianische Häresie und legten den Glauben der katholischen Kirche in einem gemeinsamen schriftlichen Bekenntnisse fest, so daß durch die Verkündigung desselben an allen Orten die von den Häretikern entzündete Flamme der Häresie wieder ausgelöscht wurde. Dieser Glaube wurde nun in der ganzen Kirche anerkannt und gepredigt. Nachdem aber einige, in der Absicht, die arianische Häresie zu erneuern, es gewagt haben, gerade das von den Vätern zu Nizäa aufgestellte Glaubensbekenntnis zu verwerfen, und andere sich den Anschein geben, es anzunehmen, während sie in Wirklichkeit es leugnen, indem sie die Bestimmung 'wesensgleich' falsch auslegen, und nachdem diese auch den Heiligen Geist lästern, ihn ein Geschöpf nennen und eine durch den Sohn gewordene Kreatur: haben wir pflichtgemäß in Erwägung des aus einer solchen gotteslästerlichen Lehre für das Volk entstehenden Schadens uns beeilt, Deiner Frömmigkeit das zu Nizäa festgestellte Glaubensbekenntnis zu überreichen, damit Dein gottesfürchtiger Sinn erkenne, mit welch großer Sorgfalt es verfaßt ist und wie sehr diejenigen irren, die anders lehren.
Sei überzeugt, gottgeliebtester Augustus, daß dieses der von jeher verkündete Glaube ist. Diesen haben die zu Nizäa versammelten Väter bekannt, diesem stimmen zu alle Kirchen aller Orte, die Kirchen in Spanien, Britannien, Gallien, in ganz Italien, in Dalmatien, Dacien, Mösien, Mazedonien, in ganz Griechenland, ganz Afrika, auf Sardinien, Cypern und Kreta, in Pamphylien, Lycien, Isaurien, in ganz Ägypten und Libyen, Pontus und Kappadozien und den angrenzenden Orten und die Kirchen im Morgenlande, ausgenommen einige wenige, welche arianisch gesinnt sind. Die Auffassung aller eben genannten Kirchen kennen wir nämlich aus eigener Erfahrung und besitzen hierfür auch schriftliche Beweise. Ebenso wissen wir, gottgeliebtester Augustus, daß, wenn auch einige wenige diesem Glauben widersprechen, sie doch nicht maßgebend sein können für den ganzen Erdkreis. Da sie nämlich lange Zeit hindurch von der arianischen Häresie schädlich beeinflußt worden sind, kämpfen sie nunmehr um so hartnäckiger gegen den gottgefälligen Glauben. Damit nun Dein gottesfürchtiger Sinn das zu Nizäa von dreihundertachtzehn Bischöfen festgestellte Glaubensbekenntnis kennen lerne, obwohl er es bereits kennen wird, haben wir uns beeilt, dasselbe hier folgen zu lassen. Das Nizänische Glaubensbekenntnis ist folgendes: Wir glauben an einen Gott, den allmächtigen Vater, Schöpfer aller sichtbaren und unsichtbaren Dinge; und an einen Herrn Jesus Christus, den Sohn Gottes, gezeugt aus dem Vater als der Eingeborene, das ist aus dem Wesen des Vaters, Gott von Gott, Licht vom Lichte, wahrer Gott vom wahren Gotte, gezeugt, nicht geschaffen, gleichwesentlich dem Vater, durch den alles wurde, sowohl was im Himmel als auch was auf Erden ist; der um uns Menschen und unseres Heiles willen herabgekommen und Fleisch und Mensch geworden ist, gelitten hat und auferstanden ist am dritten Tage, der aufgefahren ist zu den Himmeln und wieder kommen wird, zu richten die Lebendigen und die Toten; und an den Heiligen Geist. Diejenigen aber, welche sagen: 'Es gab eine Zeit, da er nicht war', und 'Bevor er gezeugt wurde, war er nicht', und daß er 'aus nicht Seiendem geworden', oder die sagen, daß er, der Sohn Gottes, aus einer anderen Substanz oder Wesenheit, oder daß er geschaffen oder veränderlich oder dem Wechsel unterworfen sei: diese alle belegt die heilige, katholische und apostolische Kirche mit dem Banne.
An diesem Glauben, gottgeliebtester Augustus, muß man als an dem göttlichen und apostolischen festhalten, und niemanden ist es erlaubt, durch Überredungskünste und Wortkämpfe eine Änderung desselben herbeiführen zu wollen. Gerade das haben aber die törichten Anhänger des Arius von Anfang an getan, indem sie sagten, der Sohn Gottes sei aus Nichtseiendem und es habe eine Zeit gegeben, wo er nicht gewesen, und er sei geschaffen, gemacht und veränderlich. Deshalb hat ja auch, wie gesagt, die Synode von Nizäa diese Irrlehre verdammt und das Bekenntnis des wahren Glaubens festgesetzt. Sie haben nämlich den Sohn nicht einfach 'ähnlich dem Vater' genannt, damit er nicht einfach als gottähnlich, sondern als wahrer Gott aus Gott geglaubt werde, sie haben vielmehr den Ausdruck 'gleichwesentlich' gebraucht, was eine Eigentümlichkeit des echten und wahren Sohnes ist, der aus dem Vater stammt, der in Wahrheit und seiner Natur nach Vater ist. Sie haben aber auch den Heiligen Geist vom Vater und Sohne nicht getrennt, sondern im Gegenteil ihn mit dem Vater und dem Sohne in einem und demselben Bekenntnis der heiligen Dreifaltigkeit mitverherrlicht, weil auch die Gottheit in der heiligen Dreifaltigkeit nur eine ist.”
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