4. Wiederaufnahme der Getreidelieferungen an die Kirchen
Auf dieses Schreiben hin wurde der Kaiser in seiner religiösen Erkenntnis und Gesinnung noch mehr befestigt. Er erließ jetzt ein zweites Gesetz, worin er bestimmte, daß die Getreideabgaben an die Kirchen wieder geleistet werden sollen, die ihnen der große Konstantin zugewiesen hatte. Julian hatte nämlich auch diese Abgaben einstellen lassen, da er ja gegen unsern Gott und Heiland Krieg zu führen beschlossen hatte. Weil aber die infolge der Gottlosigkeit dieses Menschen hereingebrochene Hungersnot die Eintreibung des Getreides erschwerte, befahl Jovian, daß einstweilen der dritte Teil der Konstantinischen Abgabe geleistet werden solle, mit dem Versprechen, nach dem Aufhören der Hungersnot wieder die volle Getreidelieferung aufnehmen zu wollen.
5. Das Ende des Kaisers Jovian
Nachdem er durch solche Gesetze den Anfang seiner Regierung verherrlicht hatte, brach er von Antiochien nach dem Bosporus auf. Aber in Dadastane, einem Dorfe an der Grenze zwischen Bithynien und Galatien, fand er das Ende dieses irdischen Lebens1. Er selbst schied von hinnen mit der besten und schönsten Vorbereitung auf den Tod, diejenigen aber, welche die Wohltaten seiner milden kaiserlichen Regierung genossen hatten, ließ er in tiefem Schmerze zurück. Ich glaube, daß der Lenker aller Dinge uns zur Strafe für unsere Sündhaftigkeit das Gute nur zeigt, dann aber wieder nimmt, und daß er durch das erstere uns belehren will, wie gar leicht er uns geben kann, was er will, durch das letztere aber uns zu überzeugen sucht, daß wir des Guten nicht würdig sind, und daß er zu einem besseren Leben uns antreiben will.
6. Die Regierung des Valentinian und die Annahme seines Bruders Valens zum Mitkaiser2
Als die Soldaten das plötzliche Ende des Kaisers vernahmen, betrauerten sie den Dahingeschiedenen wie einen Vater und stellten dann jenen Valentinian, der den Tempelknaben mit der Hand geschlagen hatte und dafür auf eine Festung geschickt worden war3, als Kaiser auf4. Derselbe zeichnete sich nicht nur durch Tapferkeit, sondern auch durch Klugheit, Mäßigung, Gerechtigkeit und körperliche Größe aus. Er besaß einen so königlichen und erhabenen Sinn, daß, als das Heer versuchte, ihm einen Mitregenten zu geben, er jene allgemein gepriesene Äußerung machte: „Eure Sache war es, o Soldaten, da es keinen Kaiser gab, mir die Zügel der Regierung zu übergeben; nachdem ich sie aber angenommen habe, ist es nun meine Sache und nicht die Eurige, um die staatlichen Angelegenheiten sich zu kümmern.” Die Soldaten bewunderten und billigten diese Rede und folgten bereitwillig seinen Anordnungen. Er ließ hierauf seinen Bruder aus Pannonien kommen, was besser nicht geschehen wäre, und machte ihn zum Genossen in der Regierung; derselbe hatte damals die verkehrte arianische Lehre noch nicht angenommen. Valentinian übertrug ihm die Herrschaft über Asien und auch über Ägypten, während er für sich selbst Europa behielt. Dann brach er nach dem Abendlande auf, wo er wieder durchaus geordnete Verhältnisse herstellte, beginnend mit der Verkündigung der gottgefälligen Lehre.
7. Die Weihe des Bischofs Ambrosius5
Auxentius, der die Irrlehre des Arius angenommen hatte und dem die Kirche von Mailand anvertraut war, der aber schon auf gar vielen Synoden war abgesetzt worden, war aus dem Leben geschieden. Da ließ der Kaiser die Bischöfe kommen und redete sie mit folgenden Worten an: „Ihr wißt, da Ihr ja in den heiligen Schriften wohl bewandert seid, recht gut, wie derjenige beschaffen sein muß, der des hohenpriesterlichen Amtes gewürdigt worden ist, wie er seine Untergebenen nicht nur durch sein Wort, sondern auch durch sein Leben unterweisen, wie er sich selbst als Vorbild jeglicher Tugend hinstellen und wie sein Wandel Zeugnis geben soll von seiner Lehre. Einen solchen also erhebet jetzt auf den bischöflichen Stuhl, damit auch wir, die wir die weltliche Herrschaft führen, aufrichtig unser Haupt vor ihm neigen und, da wir als Menschen notwendig auch fehlen, seine Verweise gleich ärztlichen Heilmitteln bereitwillig entgegennehmen können.”
Als der Kaiser so gesprochen, bat ihn die Versammlung, selbst die Wahl zu treffen, da er weise und mit frommer Rechtgläubigkeit geschmückt sei. Er aber antwortete: „Eine solche Aufgabe geht über unsere Kräfte; Ihr dagegen werdet, da Ihr der göttlichen Gnade gewürdigt und im Besitze dieses Lichtes seid, besser wählen können.” Daraufhin traten die Bischöfe ab und pflogen für sich allein Beratung. Es waren aber die Bewohner jener Stadt in Parteien gespalten, indem die einen hartnäckig diesen, die anderen ebenso hartnäckig jenen gewählt zu sehen wünschten. Die einen, die von der geistigen Krankheit des Auxentius angesteckt waren, stimmten nur für ihre Gesinnungsgenossen, die anderen, welche zur gesunden (rechtgläubigen) Partei gehörten, suchten desgleichen einen gesinnungsverwandten Führer zu erhalten. Als Ambrosius, der mit der politischen Leitung der Provinz betraut war, von diesem Zwiespalt erfuhr, fürchtete er, es möchten Unruhen daraus entstehen und begab sich eiligst in die Kirche. Da ließen sie alle von ihrem Streit ab und riefen und verlangten einstimmig, daß ihnen Ambrosius als Hirte vorgesetzt werde. Es war aber derselbe noch gar nicht getauft.
Als der Kaiser dieses vernahm, gab er sofort den Auftrag, daß der lobenswerte Mann getauft und geweiht werde; denn er wußte, daß seine Gesinnung gerader sei als jegliche Richtschnur, und daß seine Entscheidungen zuverlässiger seien als jegliches Richtscheit. Er hielt auch dafür, daß die Wahl von Gott eingegeben sei, und schloß dieses aus dem Zusammenstimmen der früher einander widersprechenden Meinungen. Nachdem also Ambrosius das göttliche Gnadengeschenk der heiligen Taufe empfangen und die hohepriesterliche Weihe erhalten hatte, soll der ganz vortreffliche Kaiser, der den heiligen Handlungen anwohnte, dem Erlöser und Herrn folgenden Lobgesang dargebracht haben: „Dank sei dir, allmächtiger Herr und unser Erlöser, daß du diesem Manne wie ich die Körper, so du die Seelen anvertraut und daß du mein Urteil für gerecht erklärt hast!” Und als wenige Tage später der heilige Ambrosius in einer Unterredung mit dem Kaiser mit dem größten Freimut es rügte, daß gewisse Angelegenheiten von den Beamten nicht sachgemäß erledigt worden seien, da entgegnete der Kaiser: „Diese deine Freimütigkeit kannte ich schon lange, aber obschon ich genau darum wußte, habe ich dennoch deiner Weihe nicht nur nicht widersprochen, sondern sogar mit für dieselbe gestimmt. Heile also jetzt, wie das göttliche Gesetz es vorschreibt, die Krankheiten unserer Seelen!” — So sprach und handelte er in Mailand.
8. Schreiben der Kaiser Valentinian und Valens an die asiatische Kirchenprovinz inbetreff des Wortes „gleichwesentlich”
Als der Kaiser erfuhr, daß in Asien und Phrygien einige in betreff der göttlichen Lehren in Streit miteinander wären, ließ er in Illyrien eine Synode halten, und was dort beschlossen und bestätigt wurde, das sandte er an die streitenden Parteien. Der Beschluß der daselbst versammelten Bischöfe aber lautete, daß das in Nizäa aufgestellte Glaubensbekenntnis in Kraft bleiben solle. Er richtete auch selbst an die Streitenden ein Schreiben, das er auch von seinem Bruder unterzeichnen ließ und worin er befahl, an den gefaßten Beschlüssen festzuhalten. Ich will diese Verfügung mitteilen, weil sie deutlich Kunde gibt von seiner rechtgläubigen Gesinnung und in gleicher Weise die damals noch gesunde Anschauung des Valens in betreff der göttlichen Lehren erkennen läßt.
„Die erhabenen, stets verehrungswürdigen und siegreichen Herrscher und Kaiser Valentinian, Valens und Gratian1 den Bischöfen der Provinzen Asien, Phrygien, Karophrygien und Pakatiana2 Gruß im Herrn!
Auf der so großen Synode, welche in Illyrien gehalten wurde, haben die hochehrwürdigsten Bischöfe nach eingehender Untersuchung über die heilbringende Lehre erklärt, daß die drei Personen Vater, Sohn und Heiliger Geist gleichwesentlich seien. Dieser Dreifaltigkeit erweisen sie jene religiöse Verehrung, die dem großen König3 gebührt, ohne sich im geringsten zu weigern, die öffentlichen Lasten zu tragen, die ihnen von Rechts wegen obliegen. Diese Verehrung zu predigen, haben wir kraft unserer Autorität angeordnet; doch wollen wir nicht, daß einige sagen: 'Wir folgen der Religion des Königs, der diese Erde beherrscht' und daß sie nicht achten auf den, der uns die Gebote des Heiles gegeben hat. Denn so sagt ja auch das Evangelium unseres Christus, das folgende Entscheidung trifft: 'Gebet dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist4.' Was sagt Ihr dazu, Ihr Bischöfe und Verwalter des heilbringenden Wortes? Wenn das der Inhalt Euerer Predigt ist, so liebet doch einander, höret auf, das Ansehen des Kaisers zu mißbrauchen und verfolget nicht diejenigen, welche gewissenhaft Gott dienen, durch deren Gebete die Kriege auf Erden beendigt und die Angriffe der abtrünnigen Engel abgewendet werden. Sie halten durch ihr Gebet alle verderblichen Dämonen in Zaum, wissen die Steuern zu entrichten, wie es die Gesetze vorschreiben, und widerstehen nicht der Gewalt des Herrschers, sondern sie beobachten einerseits gewissenhaft die Gebote des himmlischen und göttlichen Königs und unterwerfen sich andererseits ebenso aufrichtig unseren Gesetzen. Ihr dagegen habt Euch ungehorsam gezeigt. Wir haben uns an den gehalten, der Anfang ist und Ende von allem5, Ihr aber habt nur an Euch selbst gedacht. Wir wollen jedoch an Euch unschuldig sein, ähnlich wie auch Pilatus in dem gerichtlichen Verfahren gegen den unter uns weilenden Christus, da er ihn nicht töten wollte und, um die Strafe hierfür abzuwälzen auf den Anstifter, sich nach Osten hinwandte, Wasser begehrte für seine Hände und sich dann die Hände wusch mit den Worten: 'Ich bin unschuldig an dem Blute dieses Gerechten6.' Daher hat auch unsere Majestät immer befohlen, die Arbeiter auf dem Ackerfeld Christi nicht zu verfolgen, nicht zu bedrängen, nicht eifersüchtig auf sie zu sein und die Verwalter des großen Königs nicht zu vertreiben, damit Ihr nicht jetzt unter unserer Herrschaft zu wachsen scheinet, später aber das Los desjenigen erleiden müsset, der Euch hierzu angestiftet hat, ähnlich wie beim Blut des Zacharias1. Aber seine Anhänger wurden von unserem himmlischen König Jesus Christus bei seiner Ankunft gestürzt und in das Gericht des Todes hingegeben mitsamt ihrem Helfer, dem verderblichen Dämon.
Dieses Edikt haben wir erlassen in Gegenwart des Amigetius, Ciceronius, Damasus, Lampon und Brentisius. Dazu schicken wir Euch die Verhandlungen selbst, damit Ihr sehen könnt, was auf der vortrefflichen Synode geschehen ist.”
Diesem Schreiben fügte der Kaiser auch noch die Entscheidungen der Synode bei, indem er in Kürze folgendes ausführte:
„Wir bekennen in Übereinstimmung mit der großen und rechtgläubigen Synode2, daß der Sohn dem Vater gleichwesentlich ist. Das 'gleichwesentlich' verstehen wir aber nicht so, wie es schon früher einige erklärt haben, die nicht aufrichtig unterschrieben hatten, und wie jetzt wieder andere, die jene früheren ihre Väter nennen, den Sinn des Wortes abschwächen und denen folgen, welche schrieben, unter dem Ausdruck 'wesensgleich' sei das 'ähnlich sein' zu verstehen, so daß demgemäß der Sohn keinem der übrigen durch ihn gewordenen Geschöpfe verwandt, sondern einzig und allein dem Vater ähnlich sei. Diejenigen, die das 'wesensgleich' so erklären, lehren ohne Scheu, daß der Sohn Gottes ein bevorzugtes Geschöpf sei3. Wir dagegen glauben wie auch die jetzt in Rom und in Gallien gehaltenen Synoden, daß die Wesenheit des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes eine und dieselbe ist in drei Personen, das heißt in drei vollkommenen Hypostasen4. Wir bekennen ferner in Übereinstimmung mit dem Glaubensbekenntnis von Nizäa, daß der wesensgleiche Sohn Gottes aus der heiligen Jungfrau Maria Fleisch angenommen, unter den Menschen gewohnt und das ganze Erlösungswerk für uns vollbracht hat durch seine Geburt, sein Leiden, seine Auferstehung und Himmelfahrt, und daß er wieder kommen und uns von dem Seinigen geben wird die Verähnlichung mit Gott als fleischtragender Gott und als gotttragender Mensch. Diejenigen aber, die Gegenteiliges von dem glauben, was wir eben gesagt haben, belegen wir mit dem Banne, und ebenso auch diejenigen, welche nicht aufrichtig verurteilen den, der sagt, der Sohn sei nicht gewesen, bevor er gezeugt wurde, die vielmehr behauptet haben, daß derselbe auch, bevor er wirklich gezeugt wurde, der Potenz nach im Vater gewesen sei5. Denn dieses ist auch bei allen Geschöpfen der Fall, welche aber nicht immer so bei Gott sind wie der Sohn beim Vater ist, gezeugt durch ewige Zeugung.”
Vorstehendes entwickelte also der Kaiser in aller Kürze. Nunmehr will ich aber auch das Schreiben der Synode selbst in meine Darstellung aufnehmen.
9. Synodalschreiben der illyrischen Synode über den Glauben6
„Die Bischöfe Illyriens den Kirchen Gottes und Bischöfen der Kirchenprovinzen Asien, Phrygien, Karophrygien und Pakatiana Gruß im Herrn.
Versammelt zu einer Synode haben wir nach eingehender Untersuchung über die heilbringende Lehre erklärt, daß die drei Personen Vater, Sohn und Heiliger Geist gleichwesentlich seien. Es ist ferner recht und billig, einen Brief an Euch zu schreiben, in dem wir die Verehrung der Dreifaltigkeit nicht in gelehrten Erörterungen behandeln, sondern in Demut erbitten. Diesen unseren Brief schicken wir durch unseren geliebten Bruder und Amtsgenossen, den Priester Elpidius. Es ist aber in diesem unserem gegenwärtigen Brief nichts anderes enthalten, als was in den Büchern unseres Heilandes Jesus Christus geschrieben steht: 'Ich bin des Paulus, ich des Apollo, ich des Kephas. Ist denn Paulus für euch gekreuzigt worden? Oder seid ihr auf den Namen des Paulus getauft worden1?' Dieses könnte nun unserer Wenigkeit genügen und brauchten wir überhaupt keinen Brief mehr an Euch zu schreiben, aber wegen der so großen Besorgnis, welche Ihr dort in der ganzen Euch anvertrauten Provinz mit Eueren Predigten verbreitet, indem Ihr den Heiligen Geist vom Vater und Sohne trennet, sehen wir uns gezwungen, unseren Herrn und Mitpriester Elpidius zu Euch zu schicken, der dieses Schreiben von der obersten Regierungsgewalt der Römer mitbringen wird und untersuchen soll, ob Euere Predigt sich so verhält. Denn diejenigen, die nicht predigen, daß die Dreifaltigkeit wesensgleich sei, sollen im Banne sein; und wenn jemand überführt wird, daß er mit diesen in Gemeinschaft steht, so soll er ebenfalls im Banne sein. Denjenigen aber, welche lehren, daß die Dreifaltigkeit wesensgleich ist, ist das Himmelreich bereitet. Deshalb ermahnen wir Euch, Brüder, keine andere Lehre vorzutragen, keiner anderen, neuen Meinung zu folgen, sondern immer und allezeit zu predigen, daß die Dreifaltigkeit gleichwesentlich ist, damit Ihr so das Reich Gottes erben könnet.
Während wir dieses schreiben und ins Gedächtnis zurückrufen, wollen wir in diesem unserem Briefe auch noch handeln von den Bischöfen, welche aufgestellt werden, beziehungsweise von den Amtsgenossen, die in Zukunft eingesetzt werden sollen. Sie sollen aus den Männern genommen werden, welche schon bisher das Amt und die Aufgabe von Bischöfen versehen haben, wenn es solche gibt und wenn sie unbescholten sind, außerdem aus der Mitte der Priesterschaft selbst2. Ebenso soll es gehalten werden bezüglich der Priester und Diakonen; sie sollen aus dem Klerikalstande selbst erkoren werden, damit sie in jeder Hinsicht tadellos seien, nicht aber aus den bürgerlichen Beamten und den Offizieren. Gerade hierüber wollen wir nun aber nicht ausführlicher schreiben, da ja einer aus unserer Mitte gesandt wird, unser Herr und Amtsgenosse Elpidius, der mit Sorgfalt untersuchen soll, ob es sich mit Euerer Predigt so verhält, wie wir es von unserem Herrn und Amtsgenossen Eustathius vernommen haben.
Übrigens wenn Ihr vielleicht auch einmal in Irrtum geraten seid, so leget den alten Menschen ab und ziehet den neuen an1! Auch unser genannter Bruder und Amtsgenosse Elpidius wird Euch nämlich lehren, den wahren Glauben zu predigen: daß die heilige Dreifaltigkeit, die gleichwesentlich ist Gott dem Vater mit dem Sohne und dem Heiligen Geiste, geheiligt, gepriesen und geoffenbart ist, der Vater im Sohne, der Sohn im Vater, mit dem Heiligen Geiste in Ewigkeit. Wenn dieses klar erwiesen ist, können wir offenbar die heilige Dreifaltigkeit als gleichwesentlich bekennen gemäß dem alten zu Nizäa aufgestellten Glaubensbekenntnis, das auch die Väter bestätigt haben. Wenn nun dieser Glaube gepredigt wird, können wir den Fallstricken des bösen Feindes entgehen, und wenn dieser gebändigt ist, können wir in friedlichen Briefen uns gegenseitig achten und ehren und friedlich miteinander leben. Wir schreiben Euch also, damit Ihr wisset, welche Arianer verurteilt worden sind, die nämlich nicht zugeben wollen, daß der Sohn und der Heilige Geist aus der Wesenheit des Vaters sind. Deren Namen fügen wir hier an: Polychronius, Telemachus, Faustus, Asklepiades, Amantius, Kleopatrus. — Soviel nun über diese Sache zur Ehre des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes von Ewigkeit zu Ewigkeit! Amen. Daß es Euch gut ergehen möge durch eine lange Reihe von Jahren, darum bitten wir den Vater und den Sohn, unsern Erlöser Christus, und den Heiligen Geist.”
10. Die Irrlehre der Audianer
Der ruhmvolle Kaiser verwendete also eine so große Sorgfalt auf die Bewahrung der apostolischen Lehre. Um dieselbe Zeit trat aber ein gewisser Audianus, seiner Abstammung und Sprache nach ein Syrer, als Erfinder neuer Lehren auf. Er hatte seine schlimmen Gedanken zwar schon längere Zeit mit sich herumgetragen, damals aber brachte er sie an das Tageslicht. Zunächst verstand er in unverständiger Weise das Wort: „Laßt uns den Menschen machen nach unserem Bild und Gleichnisse2!” Er meinte nämlich, das göttliche Wesen habe eine menschliche Gestalt, und vermutete, es sei von körperlichen Organen umschlossen, da er den Sinn der Heiligen Schrift nicht erfaßte. Sie legt nämlich oft der göttlichen Tätigkeit die Namen menschlicher Organe bei, weil hierdurch die Leute, welche das Geistigere nicht fassen können, leichter zur Erkenntnis der göttlichen Vorsehung gelangen. Zu dieser Gottlosigkeit fügte er noch andere ähnliche Lehren. Aus dem Irrtum des Manes nahm er die Lehre herüber, daß der Gott des Weltalls weder Schöpfer des Lichts noch der Finsternis sei. Jedoch pflegen seine Anhänger diese und ähnliche Ansichten geheim zu halten. Sie behaupten vielmehr, daß sie sich von den kirchlichen Versammlungen fernhalten, weil einzelne (von den Katholiken) schändlichen Wucher treiben, andere außerehelich mit Weibern verkehren und ein unsittliches Leben führen, und die übrigen sich von solchen Lastern zwar frei bewahren, aber doch ohne Scheu mit den Genannten Gemeinschaft pflegen. Aus diesem Grunde, sagen sie, lebten sie für sich allein, um so ihre gotteslästerliche Lehre zu verbergen. Jedoch ist selbst dieser Vorwand voll Selbstüberhebung und ein Erzeugnis pharisäischen Geistes. Denn auch die Pharisäer beschuldigten den Arzt der Seelen und Körper, indem sie zu den heiligen Aposteln sagten: „Warum speist denn euer Lehrer mit den Zöllnern und Sündern3?” Von solchen Menschen redet Gott durch den Propheten: „Die da sprechen: Ich bin rein, rühre mich nicht an! Das ist Rauch von meinem Grimme1.” Doch ist es gegenwärtig nicht an der Zeit, den Unsinn dieser Leute zu widerlegen. Daher will ich in meiner Erzählung fortfahren.
11. Die Irrlehre der Messalianer
In derselben Zeit entstand auch die Irrlehre der Messalianer. Diejenigen, welche den Namen in die griechische Sprache übertragen, nennen sie Euchiten. Sie haben aber auch noch eine andere, aus der Sache selbst geschöpfte Bezeichnung; sie werden nämlich Enthusiasten genannt, weil sie unter der Einwirkung eines bösen Geistes stehen, die sie für die Gegenwart des Heiligen Geistes halten. Diejenigen, welche die Krankheit vollständig in sich aufgenommen haben, lehnen die Handarbeit als etwas Böses ab, überlassen sich dem Schlafe und geben die Trugbilder ihrer Träume für Prophezeiungen aus. Die Urheber dieser Irrlehre waren Dadoes, Sabas, Adelphius, Hermas, Symeones und andere. Sie haben sich von der kirchlichen Gemeinschaft nicht getrennt, indem sie sagen, die göttliche Speise sei weder nützlich noch schädlich, während doch der Herr Christus von ihr sagt: „Wer mein Fleisch ißt und mein Blut trinkt, wird leben in Ewigkeit2.” Sie suchen aber ihre Krankheit zu verheimlichen, und selbst wenn sie überführt sind, leugnen sie frech und schütteln diejenigen von sich ab, die das gleiche denken, was sie selbst in ihrer Seele tragen.
Als nun Letoius, der die Kirche von Melitene leitete, ein von heiligem Eifer beseelter Mann, sah, daß viele Klöster oder vielmehr Räuberhöhlen mit dieser Krankheit behaftet seien, da steckte er dieselben in Brand und vertrieb die Wölfe aus der Herde. In derselben Weise verfuhr auch der berühmte Amphilochius, der mit der Hirtensorge für die Mutterkirche von Lykaonien betraut war und die ganze Provinz zu leiten hatte; als er bemerkte, daß diese Seuche auch dort eingedrungen war, erhob er sich dagegen und befreite die von ihm geweidete Herde von diesem Aussatze. Als der vielgenannte Bischof Flavian von Antiochien erfuhr, daß diese Leute sich in Edessa aufhielten und ihr Gift in der Umgegend verbreiteten, sandte er eine Schar von Mönchen dorthin und ließ sie nach Antiochien bringen, woselbst er sie, da sie ihre Krankheit ableugnen wollten, in folgender Weise überführte. Er sagte, die Ankläger seien Verleumder und die Zeugen Lügner; dann rief er den Adelphius, einen schon hochbetagten Greis, freundlich zu sich, ließ ihn neben sich Platz nehmen und sprach: „Wir, o Greis, die wir den größeren Teil des Lebens hinter uns haben, kennen auch die menschliche Natur genauer und verstehen besser die Kunstgriffe der feindlichen Dämonen, wie wir auch durch eigene Erfahrung den Zug der Gnade kennen gelernt haben. Diese Leute dagegen sind noch jung, haben von solchen Dingen keine gründliche Kenntnis und vermögen daher auch geistigere Ausführungen nicht zu ertragen. So erkläre mir denn, wie nach Euerer Meinung der feindliche Geist entweichen und die Gnade des Heiligen Geistes einziehen soll.” Durch diese Worte wurde der alte Mann ganz vertrauensselig und gab nun all das verborgene Gift von sich und erklärte, aus der heiligen Taufe schöpften die Empfänger gar keinen Nutzen, nur eifriges Gebet allein vermöge den einwohnenden Dämon auszutreiben. Denn jeder, der geboren werde, so sagte er, überkomme vom Stammvater wie die Natur so auch die Knechtschaft der Dämonen; wenn aber diese durch eifriges Gebet ausgetrieben werden, dann zieht der Heilige Geist ein, der seine Gegenwart fühlbar und sichtbar kundgibt und den Leib von den Regungen der Leidenschaft befreit und die Seele von der Neigung zum Bösen vollständig losmacht, so daß es fernerhin weder des Fastens bedarf, um den Körper in Zaum zu halten, noch der Belehrung, um die Seele zu zügeln und zu einem wohlgeordneten Lebenswandel anzuleiten. Wer es einmal so weit gebracht hat, wird dadurch nicht nur frei von den sinnlichen Regungen des Körpers, sondern er sieht auch deutlich die Zukunft voraus und schaut mit seinen Augen die göttliche Dreifaltigkeit. Nachdem der heilige Flavian auf solche Weise die übelriechende Quelle aufgegraben und das tödliche Gewässer bloßgelegt hatte, sprach er zu dem unglücklichen Greise: „O du alter Bösewicht! Nicht ich, dein eigener Mund überführt dich, und deine Lippen zeugen wider dich1.” — Als nun so die Krankheit klar erkannt war, wurden sie aus Syrien vertrieben; sie gingen nach Pamphylien und erfüllten auch dieses Land mit ihrer schändlichen Lehre.
12. Abfall des Valens zur Häresie
Ich will nun in meiner Erzählung fortfahren und den Anfang des Sturmes schildern, der so viele und heftige Wogen gegen die Kirchen geschleudert hat.
Valens zeichnete sich nach Übernahme der Regierung anfangs durch Festhalten an den apostolischen Lehren aus. Als aber die Gothen die Donau überschritten und Thrazien verheerten, beschloß er, ein Heer zu sammeln und gegen dieselben zu Felde zu ziehen. Er wollte aber nicht ohne die göttliche Gnade in den Kampf gehen, sondern geschützt durch die Rüstung der heiligen Taufe. Das war ein schöner und gar weiser Entschluß. Was aber darauf folgte, zeigt uns eine große Seelenschwäche und einen Verrat an der Wahrheit. Denn der Unglückliche erlitt ein ähnliches Schicksal wie unser Stammvater Adam. Auch er ließ sich durch die Worte seiner Gattin verführen und zum Sklaven machen, ja er wurde nicht etwa ein im Krieg gefangener Sklave, sondern ein Knecht, der sich durch trügerische Weiberworte unterjochen ließ. Seine Gattin war nämlich schon früher eine Beute des arianischen Irrtums geworden, und sie verführte nun auch ihn und überredete ihn, sich mit ihr in den Abgrund der Gotteslästerung zu stürzen. Führer, Leiter und Urheber war hierbei Eudoxius, der noch das Ruder der Kirche von Konstantinopel in Händen hielt, aber das Schiff nicht lenkte, sondern in die Tiefe versenkte. Er verpflichtete den Unglücklichen gerade bei Gelegenheit der Taufspendung durch Eidschwüre, daß er selbst bei der gottlosen Lehre verbleibe und daß er auch die Andersgesinnten überall austreibe.
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