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Die Belagerung der Stadt Nisibis und der apostolische Wandel des Bischofs Jakobus
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bet | 11/173 | Sana | 07.04.2017 | Hajmi | 1,24 Mb. | | #3396 |
31. Die Belagerung der Stadt Nisibis und der apostolische Wandel des Bischofs Jakobus
Als der Perserkönig Sapor gegen die Römer zu Felde zog, sammelte Konstantius ein Heer und begab sich nach Antiochien. Es vertrieb aber die Feinde nicht das Heer der Römer, sondern der Gott der Frommgläubigen unter den Römern. Wie dieser Sieg errungen wurde, will ich nun erzählen.
Nisibis, das einige Antiochia Mygdonia nennen, liegt an der Grenze des persischen und römischen Reiches. Der Bischof dieser Stadt und Schützer und Feldherr derselben war Jakobus, den ich schon früher erwähnte1. Er strahlte im Glanze apostolischer Gnadenfülle. Da ich seine bewunderungswürdigen und vielgepriesenen Wunderwerke in meiner Mönchsgeschichte schon beschrieben habe1, so halte ich es für überflüssig und unnütz, dieselben hier noch einmal aufzuzählen; nur eines will ich berichten, das mit der vorliegenden Geschichte zusammenhängt. Die von ihm verwaltete Stadt gehörte zum römischen Reiche und wurde deshalb vom persischen Heere belagert. Aber obschon dieses bereits siebzig Tage vor der Stadt lag und viele Helepolen2 an die Mauer heranführte und zahlreiche andere Belagerungsmaschinen ringsum aufstellte und Wälle und Gräben herstellte, konnte es die Stadt doch nicht einnehmen. Endlich staute man auf weite Entfernung hin die Fluten des Stromes, der die Stadt in der Mitte durchschneidet und Mygdonius heißt, und erhöhte die Flußufer auf beiden Seiten durch Errichtung von Dämmen, die den Strom fest zusammenhalten sollten; als man dann sah, daß das Wasser sehr hoch geworden und endlich bereits über den Damm hinwegspülte, da ließ man es plötzlich wie eine Maschine gegen die Mauer los. Diese hielt vor dem überaus heftigen Andrang nicht stand, sondern neigte sich und stürzte zusammen. Dasselbe Schicksal erlitt der entgegengesetzte Teil der Stadtmauer, durch welchen der Mygdonius seinen Ausgang nahm; auch dieser brach zusammen, weil er den Anprall nicht auszuhalten vermochte. Als Sapor dieses sah, hoffte er, sich nunmehr mit Leichtigkeit der Stadt bemächtigen zu können. Doch unternahm er an diesem Tage nichts mehr, damit der schlammige Boden trocknen und der Fluß leicht durchschritten werden könnte. Als er aber am folgenden Tage mit dem ganzen Heere vorrückte in der Erwartung, über die eingestürzten Teile der Mauer hinweg in die Stadt eindringen zu können, da sieht er, daß die Stadtmauer an den beiden Stellen wieder aufgebaut und seine Mühe umsonst gewesen ist. Jener göttliche Mann hatte nämlich durch sein Gebet sowohl die Soldaten wie auch die übrigen Bewohner der Stadt mit Mut und Kraft erfüllt, die Mauer ausgebessert und die Kriegsmaschinen auf derselben aufgestellt, mit denen er die Angreifer zurücktrieb; und solches bewirkte er, ohne der Mauer nahe zu kommen, dadurch, daß er drinnen, im Tempel Gottes, den Herrn des Weltalls um seine Hilfe anflehte. Sapor wurde aber nicht nur durch die Schnelligkeit des Wiederaufbaues in Bestürzung, sondern überdies noch durch eine Erscheinung in Schrecken versetzt. Er sah nämlich auf der Mauer einen Mann stehen in kaiserlicher Rüstung, von dessen Purpurgewand und Diadem glänzende Strahlen ausgingen. Da er vermutete, es könnte der römische Kaiser sein, bedrohte er diejenigen mit dem Tode, welche ihm gemeldet hatten, daß derselbe nicht anwesend sei. Als diese aber versicherten, daß ihre Meldung der Wahrheit entspreche, und beteuerten, daß Konstantius in Antiochien weile, da erkannte er die Bedeutung des Gesichtes und äußerte sich, Gott kämpfe für die Römer. Zornentbrannt sandte der Unglückselige einen Pfeil in die Luft; denn obschon er wußte, daß er den Körperlosen nicht treffen könne, so vermochte er doch den heftigen Drang seiner Wut nicht zu beherrschen.
Nunmehr forderte der bewunderungswürdige Ephräm — es ist dieses der hervorragendste Schriftsteller unter den Syrern — den heiligen Jakobus auf, die Mauer zu besteigen, die Barbaren sich anzusehen und die Pfeile des Fluches gegen sie zu senden. Der Mann Gottes gab den Bitten nach, stieg auf einen Turm, überblickte die nach Tausenden und Abertausenden zählende Menge, sprach aber keinen anderen Fluch aus als die Bitte, daß Ameisen und Mücken über sie gesandt würden, damit man selbst durch diese kleinen Tierchen die Macht desjenigen erkennen möchte, der den Belagerten zur Seite stand. Auf dieses Gebet hin erschienen ganze Wolken von Ameisen und Mücken, welche die hohlen Rüssel der Elephanten und die Ohren und Nasen der Pferde und anderen Tiere erfüllten. Diese konnten den Angriff der kleinen Tierchen nicht ertragen, zerrissen die Zügel, warfen die Reiter ab, verwirrten die Schlachtordnung, verließen das Lager und eilten in rasender Flucht davon. Hierauf zog der unglückliche König mit seinem Heere ab, nachdem er durch eine kleine und menschenfreundliche Zurechtweisung die Macht Gottes, der für die Frommen sorgt, kennen gelernt hatte. Er hatte sich bei der Belagerung nicht Sieg, sondern nur Schande geholt.
32. Synode zu Antiochien. Das Verfahren gegen den heiligen Meletius1
Zu jener Zeit hielt sich Konstantius in Antiochien auf. Nachdem die Ruhe hergestellt und der persische Krieg beendet war, versammelte er wieder Bischöfe und wollte sie zwingen, daß sie sämtlich sowohl den Ausdruck „wesensgleich2“ als auch den anderen „wesens-ungleich3“ verwerfen sollten. Da Eudoxius, der nach Leontius jenen Stuhl (von Antiochien) an sich gerissen hatte, später verbannt worden war und nach vielen Synoden widerrechtlich sich der Kirche von Konstantinopel bemächtigt hatte, so war die antiochenische Kirche damals ihres Hirten beraubt. Als nun die Bischöfe hier zusammenkamen — es waren ihrer aber viele von allen Seiten her erschienen —, da erklärten sie, man müsse zuerst der Herde einen Hirten vorsetzen, dann erst könne man gemeinschaftlich mit diesem über die Dogmen beraten.
Um jene Zeit hatte der vortreffliche Meletius zuerst eine Stadt Armeniens regiert, sich aber später aus Ärger über die Unbotmäßigkeit seiner Untergebenen an einen anderen Ort in die Ruhe zurückgezogen4. Diesen hielten die Arianer für ihren Glaubens- und Gesinnungsgenossen und baten deshalb den Konstantius, ihm die Regierung der antiochenischen Kirche zu übergeben. In ihrem Bestreben, der gottlosen Lehre zur Herrschaft zu verhelfen, übertraten sie nämlich ohne Scheu jegliches Gesetz; ja die Übertretung der Gesetze wurde das Fundament ihrer Gottlosigkeit. An vielen Orten hatten sie viele derartige Neuerungen vorgenommen5. Aber auch die treuen Anhänger der apostolischen Lehre, welche die Rechtgläubigkeit des großen Meletius kannten und den Glanz seines Lebens und den Reichtum seiner Tugenden wahrnahmen, stimmten zu und arbeiteten mit dem größten Eifer darauf hin, daß die Abstimmung schriftlich geschehe und von allen unterschrieben werde. Dieses Dokument übergaben sie, die einen wie die anderen, wie die gemeinsame Vertragsurkunde dem Bischof Eusebius von Samosata, einem echten Verteidiger der Wahrheit, zur Aufbewahrung. Als der große Meletius nach Empfang der kaiserlichen Berufung anlangte, kamen ihm alle Bischöfe entgegen; es zogen ihm aber auch entgegen die übrigen Grade des Klerus der Kirche und das gesamte Volk der Stadt; selbst Juden und Heiden fanden sich ein, um den weltberühmten Meletius zu sehen.
Der Kaiser aber befahl ihm und den anderen, welche reden konnten, dem Volke die Stelle zu erklären: „Der Herr schuf mich als Erstling seiner Wege zu seinen Werken1.“ Zugleich beauftragte er geübte Schnellschreiber, die Worte eines jeden genau aufzuzeichnen, weil er glaubte, daß infolgedessen die Erklärungen um so sorgfältiger gegeben würden. Zuerst nun gab Georg von Laodicea seine übel riechende Irrlehre von sich; hierauf trug Acacius von Cäsarea eine sozusagen in der Mitte liegende Lehre vor, die zwar soweit als möglich von der Gottlosigkeit der ersteren abrückte, aber doch den apostolischen Charakter nicht rein und unverfälscht bewahrte; an dritter Stelle erhob sich der große Meletius und legte die wahre und echte Regel der Gotteslehre dar. Indem er nämlich die Wahrheit zur Richtschnur seiner Lehre nahm, vermied er glücklich das Zuviel und Zuwenig. Es wurde ihm von seiten des Volkes sehr großer Beifall gespendet, nur baten sie ihn, er möchte ihnen eine ganz kurze Lehrformel geben. Da zeigte er ihnen drei Finger, bog dann zwei davon ein und ließ nur einen ausgestreckt und sprach dazu die denkwürdigen Worte: „Drei sind es für unser Denken, aber wie zu einem reden wir2.“
Gegen diese Erläuterung erhoben die an der geistigen Krankheit des Arius Leidenden ihre Stimme und ersannen die verleumderische Anklage, daß der heilige Meletius sabellianisch denke; und wirklich gelang es ihnen, den unbeständigen Kaiser, der sich mit Leichtigkeit bald auf diese, bald auf jene Seite ziehen ließ, zu überreden und zu veranlassen, daß er den Meletius wieder in seine Heimat zurückschickte. Und sofort setzten sie an seine Stelle den Euzoius, einen offenkundigen Anhänger der arianischen Lehre. Derselbe war als Diakon von dem großen Alexander zugleich mit Arius abgesetzt worden3. Alsbald nun sonderte sich der gesunde Teil des Volkes von dem kranken4 und hielt fortan seine Versammlungen in der Apostelkirche, welche in der Altstadt gelegen ist. Dreißig Jahre hatten sie ausgehalten, seitdem gegen den berühmten Eustathius die Verfolgung eröffnet worden war5, hatten beständig die Schamlosigkeit der Arianer ertragen und immer auf eine günstige Wendung der Dinge gehofft. Als sie aber sahen, wie die Gottlosigkeit bei denselben nur zunahm, wie die Anhänger der apostolischen Lehre öffentlich bekämpft und im geheimen verfolgt wurden, wie der heilige Meletius vertrieben wurde und Euzoius, der Vorkämpfer der Häresie, an seiner Stelle den Vorsitz übernahm, da gedachten sie der Worte, die zu Lot gesprochen worden waren: „Rette deine Seele6!” Dazu erinnerten sie sich der Vorschrift des Evangeliums, welche deutlich bestimmt: „Wenn dein rechtes Auge dich ärgert, so reiß es aus und wirf es von dir7!“ Dasselbe hat der Herr auch in bezug auf Hand und Fuß befohlen und hinzugefügt: „Denn es ist dir nützlicher, wenn eines von deinen Gliedern zugrunde geht, als wenn dein ganzer Körper in die Hölle geworfen wird8.“
Auf diese Weise entstand also die Spaltung in der Kirche.
33. Bischof Eusebius von Samosata
Als der vorhin erwähnte bewunderungswürdige Eusebius, dem das gemeinsame Wahlprotokoll zur Aufbewahrung übergeben worden war1, die Verletzung der Übereinkunft wahrnahm, kehrte er wieder in die ihm anvertraute Stadt zurück. Die Gegner aber fürchteten das beweiskräftige Schriftstück und wirkten auf Konstantius ein, daß er die Urkunde durch einen Boten abholen lasse. Der Kaiser ließ sich wirklich überreden und sandte einen von jenen Eilboten, welche auf dem Wege die Pferde zu wechseln und so die Antwort so schnell wie möglich zu überbringen haben. Als dieser hinkam und den Auftrag des Kaisers meldete, antwortete der bewunderungswürdige Eusebius: „Ich kann das mir anvertraute gemeinsame Vertragsdokument nicht ausliefern, bevor alle zusammenkommen, die es mir übergeben haben.“ Solches meldete der Bote seinem Auftraggeber. Dieser entbrannte in heftigem Zorn und sandte dem Bischof einen Brief mit dem wiederholten Auftrag, das Schriftstück auszuliefern, und er fügte hinzu, daß er den Befehl gegeben habe, ihm die rechte Hand abzuhauen, wenn er die Wahlurkunde nicht herausgebe. Dieses schrieb er aber nur, um ihn bange zu machen; denn dem Überbringer des Briefes verbot er, die Drohung auszuführen. Als nun jener göttliche Mann den Brief öffnete und aus dem Inhalte ersah, welche Strafe ihm der Kaiser androhte, reichte er mit der rechten Hand auch die linke hin und verlangte, daß man ihm beide abhaue. „Denn die Wahlurkunde“, sagte er, „werde ich nicht herausgeben; sie ist ein zu deutlicher Beweis von der Schlechtigkeit der Arianer.“ Da Konstantius von dieser mannhaften Tat erfuhr, staunte er schon damals darüber und hörte auch in der Folgezeit nicht auf, sie zu bewundern. Denn auch die Feinde bewundern die Vorzüge ihrer Gegner, überwältigt von der Größe ihrer Taten.
Um diese Zeit brachte Konstantius in Erfahrung, daß Julian, den er zum Cäsar Europas ernannt hatte, nach größerem strebe und gegen den Urheber seiner Würde ein Heer sammle. Daraufhin brach er aus Syrien auf, beschloß aber in Cilicien sein Leben. Denn er hatte den nicht zum Helfer, den ihm sein Vater als solchen hinterlassen hatte, da er das väterliche Erbe der frommen Rechtgläubigkeit nicht unversehrt bewahrte. Darum bereute er (im Sterben) bitterlich klagend den Wechsel seines Glaubens2. Drittes Buch (361—363)
Drittes Buch [361—363]
1. Die Regierung des Kaisers Julian3
Seufzend und weheklagend über seinen Abfall vom Glauben seines Vaters war Konstantius aus dem Leben geschieden. Julian erfuhr dessen Tod, als er eben im Begriffe war, von Europa nach Asien herüber zu ziehen. Von neuem Mute beseelt, übernahm er die Regierung, die ihm niemand mehr streitig machte.
2. Die christliche Erziehung Julians
Julian hatte in seiner Jugend, als er noch ein Kind war, zugleich mit seinem Bruder Gallus die Milch der christlichen Lehre eingesogen, und auch als Knabe und Jüngling hatte er noch dieselbe Unterweisung erhalten. Aus Angst aber vor Konstantius, der, Empörungen befürchtend, seine Verwandten aus dem Wege räumte, ließ er sich unter die Lektoren aufnehmen und las in den kirchlichen Versammlungen dem Volke die heiligen Schriften vor. Er ließ auch eine Martyrerkapelle bauen, aber die Martyrer nahmen sie nicht an, da sie seinen Abfall zum Heidentum voraussahen. Die Fundamente waren nämlich gerade so wie seine Gesinnung, ohne Festigkeit, und so stürzte die Kapelle ein, bevor sie eingeweiht wurde. Dergestalt verlief also seine Kindheit und seine Jugend.
3. Julians Übertritt zum Heidentum. Anfängliche Verheimlichung desselben
Als Konstantius nach dem Abendlande aufbrach, wohin ihn der Krieg gegen Magnentius rief, da ernannte er den Gallus zum Cäsar des Morgenlandes. Dieser war rechtgläubig und blieb es bis an sein Ende. Julian aber bannte die Furcht, die ihm so nützlich gewesen wäre, aus seinem Herzen, waffnete sich, nicht zu seinem Vorteile, mit kühnem Mute und richtete seine Begierde auf die kaiserliche Herrschaft. Von demselben Verlangen getrieben, durchreiste er Griechenland und suchte Wahrsager und Orakeldeuter auf, um zu erfahren, ob er das Ziel seiner Sehnsucht erreichen würde. Er traf auch einen Menschen, der ihm dieses kundzumachen versprach. Derselbe führte ihn in einen Götzentempel, ließ ihn in das innerste Heiligtum eintreten und rief die trügerischen Dämonen. Als nun diese in der gewohnten Gestalt sich zeigten, trieb ihn die Furcht, das Zeichen des Kreuzes auf seine Stirne zu machen. Kaum hatten jene das Siegeszeichen des Herrn erblickt, als sie, an ihre Niederlage erinnert, sofort sich auf und davon machten. Der Gaukler, der die Ursache ihrer Flucht wohl erkannte, machte Julian Vorwürfe. Dieser gestand auch, daß er sich gefürchtet habe, erklärte aber zugleich, daß er sich wundern müsse über die Macht des Kreuzes; die Dämonen waren nämlich entflohen, weil sie das Zeichen desselben nicht ansehen konnten. „Glaube doch das nicht, mein Bester“, entgegnete der Gaukler, „nicht aus Furcht, wie du meinst, sondern aus Abscheu vor deiner Tat sind sie davongeeilt.” So täuschte er den Unglückseligen, weihte ihn in die Mysterien ein und erfüllte ihn mit seiner schändlichen Gesinnung. So brachte die Herrschsucht den Bedauernswerten um seinen christlichen Glauben.
Dennoch hielt er, zur Herrschaft gelangt, seine ungläubige Gesinnung noch lange verborgen, besonders aus Furcht vor den Soldaten, die in der christlichen Religionslehre wohl unterrichtet waren. Es hatte sie nämlich zuerst schon der berühmte Konstantin nicht nur von dem früheren Irrwahn befreit, sondern auch in den Lehren der Wahrheit eingehend unterwiesen; sodann hatten seine Söhne die von dem Vater herrührenden Kenntnisse in ihnen noch mehr befestigt. Denn wenn auch Konstantius, irregeführt von den Räten, die ihn leiteten, den Ausdruck „wesensgleich” nicht zuließ, so hat er doch wenigstens den Sinn desselben aufrichtig bekannt. Er nannte ja den Gott Logos den wahren Sohn, der vor den Zeiten aus dem Vater gezeugt ist, und schloß diejenigen, welche ihn ein Geschöpf zu nennen wagten, geradezu aus der kirchlichen Gemeinschaft aus; den Götzendienst aber untersagte er vollständig. Ich will auch noch einen anderen ruhmwürdigen Zug von ihm mitteilen, der geeignet ist, seinen Eifer für die Religion zu bezeugen. Im Kriege gegen Magnentius versammelte er das ganze Heer und riet allen, die heiligen Geheimnisse zu empfangen, indem er sagte, das Ende des Lebens sei zwar immer ungewiß, nicht am wenigsten aber in einem Kriege, wo von beiden Seiten Tausende von Geschossen, Lanzen und Spießen abgeschleudert würden, wo dazu noch Schwerter und Dolche anstürmten und die anderen Kriegswerkzeuge, durch welche ein gewaltsamer Tod herbeigeführt werden könne. „Deshalb muß jeder jenes kostbare Gewand besitzen, dessen wir ganz besonders im jenseitigen Leben bedürfen. Wenn aber einer zögert, sich dieses Gewand zu verschaffen, so möge er jetzt von hier fortgehen und nach Hause zurückkehren; denn ich will mit noch Ungetauften keinen Krieg führen1.”
4. Die Rückkehr der Bischöfe
Da Julian dieses wohl wußte, so trug er seine unchristliche Gesinnung nicht öffentlich zur Schau, im Gegenteil, um alle für sich einzunehmen, erließ er die Verordnung, daß die von Konstantius von ihren Kirchen vertriebenen und in den entlegensten Gegenden der Erde wohnenden Bischöfe wieder zu ihren Kirchen zurückkehren sollten. Auf Grund dieses Gesetzes kehrte der göttliche Meletius wieder nach Antiochien, der vielgepriesene Athanasius wieder nach Alexandrien zurück. Eusebius und Hilarius aus Italien und Lucifer, dem das Hirtenamt über die Insel Sardinien übertragen worden war2, weilten in der an Ägypten grenzenden Thebais, wohin sie Konstantius verbannt hatte. Diese versammelten sich mit den anderen Gesinnungsgenossen und erklärten, man müsse die Kirchen wieder zur Eintracht zurückführen. Dieselben wurden nämlich nicht mehr bloß von Andersgläubigen verfolgt, sondern in ihrem eigenen Schoße waren Parteien entstanden, die sich gegenseitig befehdeten.
So war in Antiochien der gesunde Leib der Kirche in zwei Teile gespalten: die einen nämlich hatten sich gleich anfangs aus Anhänglichkeit an den berühmten Eustathius von den übrigen getrennt und gesonderten Gottesdienst gehalten; die anderen hatten sich mit dem bewunderungswürdigen Meletius von der Verbindung mit den Arianern zurückgezogen und feierten die heiligen Geheimnisse in der sogenannten Altstadt. Es hatten aber beide Parteien ein und dasselbe Glaubensbekenntnis; jede Partei trat für die zu Nizäa aufgestellte Lehre in die Schranken. Was sie voneinander trennte, war einzig und allein die Streitsucht und die Liebe zu ihren Bischöfen. Ja nicht einmal der Tod des einen Bischofs machte der Spaltung ein Ende. Obwohl nämlich Eustathius schon vor der Weihe des Meletius gestorben war und obwohl die Anhänger des rechten Glaubens nach der Verbannung des Meletius und der Weihe des Euzoius die Verbindung mit den Irrgläubigen wieder abgebrochen hatten und gesonderte Versammlungen hielten, so ließen sich die Eustathianer doch nicht bewegen, sich mit ihnen zu vereinigen.
Eusebius, Lucifer und ihre Freunde suchten nun Mittel und Wege ausfindig zu machen, um diese Vereinigung wieder herzustellen. Eusebius bat den Lucifer, nach Alexandrien zu kommen und mit dem großen Athanasius hierüber Beratung zu pflegen; er selbst wollte die Mühe übernehmen, die beiden Parteien miteinander zu versöhnen1.
5. Die Weihe des Paulinus
Allein Lucifer ging nicht nach Alexandrien, sondern begab sich nach Antiochien. Dort führte er mit den beiden Parteien viele Verhandlungen zugunsten der Wiedervereinigung; als er aber sah, daß die Eustathianer unter Führung des Priesters Paulinus beharrlich widersprachen, weihte er ihnen den Paulinus zum Bischof, eine Tat, die keineswegs glücklich war. Denn diese Handlung verlängerte nur die bestehende Spaltung. Letztere dauerte nämlich fünfundachtzig Jahre lang bis zur Regierung des ruhmwürdigen Alexander2. Nachdem dieser das Steuerruder der antiochenischen Kirche in die Hand genommen, versuchte er jedes Mittel und wendete jegliche Sorgfalt und allen Eifer auf, um die Eintracht wieder herzustellen, und konnte endlich das getrennte Glied wieder mit dem übrigen Körper der Kirche vereinigen. Lucifer blieb, nachdem er die Spaltung vergrößert hatte, noch lange Zeit in Antiochien. Auch Eusebius kam nach Antiochien; als er aber sah, daß die Krankheit durch ungeschickte Behandlung unheilbar geworden, segelte er wieder in das Abendland zurück. Lucifer aber fügte nach seiner Rückkehr nach Sardinien den kirchlichen Lehren fremdartige Elemente bei. Diejenigen, welche diese annahmen, haben von ihm den Namen erhalten und wurden lange Zeit hindurch Luciferianer genannt. Endlich erlosch auch diese Lehre und fiel der Vergessenheit anheim.
Das sind die Dinge, die sich nach der Rückkehr der Bischöfe zugetragen haben.
6. Wiedererstarkung des Heidentums
Als Julian seine heidnische Gesinnung offen kundgab, da füllten sich die Städte mit Parteikämpfen. Denn diejenigen, welche der trügerischen Verehrung der Götzenbilder ergeben waren, öffneten die Götzentempel und feierten wieder jene schmutzigen Mysterien, die wert gewesen wären, für immer vergessen zu werden. Sie zündeten das Feuer auf den Altären wieder an, besudelten die Erde mit dem Blut der Opfertiere und verpesteten die Luft mit Fettdampf und Opferrauch. Gejagt von den Dämonen, denen sie dienten, liefen sie wie toll nach Art der Korybanten durch die Straßen, überhäuften die Christen mit gemeinen Spässen und Spottreden und unterließen keine Art der Schmähung und Verhöhnung. Die Bekenner des christlichen Glaubens dagegen, welche die Lästerungen derselben nicht ertragen konnten, gaben ihnen ihre Schmähungen zurück und hielten ihnen die Irrtümer vor, denen sie huldigten. Das nahmen aber die Diener der Gottlosigkeit wieder übel auf, und da die vom Herrscher ihnen gewährte Freiheit ihrer Verwegenheit zu Hilfe kam, so bereiteten sie den Christen die grausamsten Qualen. Denn der verruchte Kaiser, dessen Pflicht es gewesen wäre, für den Frieden seiner Untertanen zu sorgen, hetzte selbst das Volk gegeneinander. Er übersah, was die verwegeneren Elemente gegen die gemäßigteren sich erlaubten und übertrug die politischen und militärischen Ämter den rohesten und ungläubigsten Männern. Diese übten zwar gegen die Bekenner des christlichen Glaubens keinen offenbaren Zwang aus, um sie zum Opfern zu nötigen, sie fügten ihnen aber jegliche Art von Schimpf zu. So wurden den Priestern auch jene Ehrengeschenke wieder entzogen, welche ihnen der große Konstantin zugewiesen hatte.
7. Die Verfolgung der Christen durch die Heiden
Was sich in jener Zeit die im heidnischen Irrtum befangenen Leute herausnehmen durften, ist überaus viel und bedürfte zur Darstellung eines eigenen Buches; ich will daher hier von dem vielen nur einiges wenige anführen.
In Askalon und Gaza, zwei Städten Palästinas, rissen sie Priestern und gottgeweihten Jungfrauen den Unterleib auf, füllten ihn mit Gerste und warfen sie so den Schweinen zum Fraße vor. In Sebaste, einer anderen Stadt des eben genannten Landes, öffneten sie das Grab Johannes des Täufers, verbrannten die Gebeine und zerstreuten die Asche. Und wie könnte man ohne Tränen jenen Frevel erzählen, den sie in Phönizien verübt haben? Zu Heliopolis nämlich am Libanon war ein Diakon Cyrillus. Dieser hatte unter der Regierung Konstantins, von heiligem Eifer entflammt, viele der dort verehrten Götzenbilder zerstört. Dieser Tat erinnerten sich jetzt die Unseligen und töteten ihn nicht nur, sondern schnitten ihm auch den Unterleib auf und verzehrten seine Leber. Sie entgingen jedoch nicht dem Auge, das alles sieht, sondern erhielten für ihren Frevel die gebührende Strafe. Alle nämlich, die sich an jener Greueltat beteiligt hatten, verloren ihre Zähne, die ihnen alle gleichzeitig ausfielen; sie verloren ferner ihre Zungen, die von fauligen Geschwüren bedeckt und zerfressen wurden; sie verloren endlich auch die Sehkraft und verkündigten so durch die erlittenen Strafen die Macht der christlichen Wahrheit. In Emesa, einer angrenzenden Stadt, weihten sie die neugebaute Kirche dem hermaphroditischen Dionysus und errichteten in derselben die äußerst lächerliche androgyne Statue desselben. In Dorostolon, einer ansehnlichen Stadt Thraziens, wurde der siegreiche Kämpfer Ämilianus von Kapitolinus, dem Präfekten von ganz Thrazien, dem Feuertode überliefert.
Die Behandlung des Bischofs Markus von Arethusa aber bedürfte der gewaltigen Sprache eines Aeschylus und Sophokles, damit dessen Leiden wie in einer Tragödie zu einer würdigen Darstellung gelangten. Derselbe hatte zur Zeit des Konstantius einen Götzentempel zerstört und dafür eine Kirche gebaut. Wie nun jetzt die Arethusier die Absichten Julians erkannten, ließen sie ihren Haß unverhüllt zu Tage treten. Jener versuchte zuerst, der Vorschrift des Evangeliums folgend, sich zu flüchten. Als er aber erfuhr, daß statt seiner einige von seinen Untergebenen gefangen genommen wurden, kehrte er zurück und lieferte sich selbst seinen blutdürstigen Verfolgern aus. Diese ergriffen ihn und empfanden weder Mitleid mit dem Greise noch Scheu vor dem eifrigen Freunde der Tugend, sondern marterten den Mann, der durch sein Leben und seine Lehre ausgezeichnet war, zuerst damit, daß sie ihn entblößten und an allen Gliedern geißelten; dann warfen sie ihn in übelriechende Kloaken; darauf holten sie ihn wieder heraus und übergaben ihn einer Schar von Knaben mit dem Auftrag, ihn mit ihren Griffeln schonungslos zu zerstechen. Hierauf warfen sie ihn in einen Weidenkorb, bestrichen ihn mit salziger Brühe und Honig, hingen ihn unter freiem Himmel in der größten Hitze auf und luden Wespen und Bienen zum Schmause ein. Dieses taten sie, um ihn zu dem einen oder anderen zu zwingen: entweder den zerstörten Tempel wieder aufzubauen oder die Kosten für den Bau zu tragen. Er aber ertrug standhaft jene bitteren Leiden und erklärte bestimmt, daß er nichts von dem tun werde, was sie von ihm verlangten. Jene meinten nun, er könne wegen seiner Armut das Geld nicht hergeben und ließen die Hälfte der Forderung nach, bestanden aber auf der Zahlung des Restes. Er aber, in der Höhe schwebend, von den Griffeln zerstochen, von den Wespen und Bienen angenagt, äußerte nicht nur kein Zeichen des Schmerzes, sondern verspottete auch noch die Unseligen, indem er sagte, sie liebten die Erde und den Boden, er aber schwebe hoch über ihnen. Endlich verlangten sie nur mehr einen kleinen Teil der Geldsumme. Er aber entgegnete, es sei die gleiche Glaubensverleugnung, ob man nur einen Obolus1 gebe oder die ganze Summe bezahle. Daraufhin gaben sie sich für besiegt und ließen ihn los. Sie waren über alle Maßen erstaunt über seine Standhaftigkeit und fielen von einem Gegensatz in den anderen: sie lernten nämlich aus seinem Munde wieder den wahren Glauben.
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