Thomas A. Bauer, Marko Ivanisin, Bernd Mikuszeit (Hrsg.) Evaluierung von Bildungsmedien und Multimedia Kriterien und Weiterbildungsangebote Internetpublikation zum Projekt




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Sana26.06.2021
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Experten-Status der Medien
In dieses Gemenge greifen Medien ein. Sie sind das Referenzmodell für Bildung, nicht nur, weil sie sie in Form von Wissen und/oder Einstellung kontextualisieren und abbilden, sondern, weil sie als Code des kollektiven sozialen Vertrauens genutzt werden, über das sich Individuen wie auch die Gesellschaft in ihren Institutionen legitimieren. Medien sind die Referenzmodelle der Kommunikation der Gesellschaft wie die der Gesellschaft der Kommunikation. Im Sinne dieser Vertrauenslage akkumulieren sie auch Expertise und Expertenstatus. Die Gesellschaft und ihre Institutionen (Politik, Wirtschaft, Bildung, Kultur, Religion) brauchen sie als Referenzmuster innergesellschaftlicher wie auch und grenzüberschreitender Verständigung – horizontal (zwischen den Gruppierungen und Communities), vertikal (zwischen hierarchisch gestuften Kompetenz bzw. geschichtlichen Epochen) und diagonal (zwischen Communities und Institutionen)
Und dennoch ist noch nicht alles, was es braucht, um ein gesellschaftliches Programm zu realisieren. Alle diese wortschönen Vorstellungen erlebt man ja nicht in unmittelbarer Umgebung, sondern stets vermittelt über eine in und über Medien organisierte und realisierte Kommunikation. Da man davon ausgehen muss, dass alles, was wir zu Europa wissen, wir über die Medien wissen, stützen wir uns zugleich mit einer jeweils wechselseitig unterstellten Inspiration, die jenseits und vor jeder der Sprache schon Realität ist: gesellschaftliches Vertrauen. Diese Inspiration hat einen diffus gesellschaftlich vereinbarten Ort: die wechselseitige Unterstellung, dass wir letzten Endes alle in der gleichen Situation sind: dass alles, was wir von dieser Gesellschaft wissen, wir über die (Massen-) Medien wissen (Luhmann 2004: 9). Es muss also einen Punkt der Referenz (Code) geben, der alle gleich zueinander bindet, gerade, weil alle so unterschiedlich sind. Vertrauen ist dieser Code der Gesellschaft, die ja nur ist, was ihre Kommunikation ausmacht (Bauer 2011: 469). Bei jeder noch so ausgeklügelt vernünftigen Strukturierung, Institutionalisierung und Organisation der sozialen Mechanismen einer Gesellschaft gelingt eben diese nur, wenn ihre Kommunikation die Kultur wechselseitigen Vertrauens abbildet. Spätestens hier muss man schon das Argument aufnehmen, dass eine komplexe Gesellschaft wie die Europäische ist, ja nicht in direkter und persönlicher Kommunikation zueinander vermittelt und verbunden ist, sondern durch Medienkommunikation. Europa, wie wir es kennen, ist großteils ein mediengemachtes Konstrukt. Dass wir es so annehmen, lässt sich nur mit der Annahme erklären, dass der soziale Mechanismus des Vertrauens medientypisch geworden ist. Ohne Vertrauen, das ja dadurch definiert ist, dass jedweder andere sich vor allem in unerwarteten Situationen so verhalten würde, dass einem selbst daraus kein Schaden entstünde oder man nicht von ihm in seinen Erwartungen enttäuscht würde (vgl. Koller 1990), würde die Angst das soziale Klima bestimmen. Bezogen auf Medien als organisierte Referenz des (öffentlichen) Vertrauens kommt zu diesem sozialpsychologischen Moment noch eine Komponente ins Spiel, die in der amerikanischen Sozialpsychologie mit dem Begriff der Rational Choice Handlungstheorie belegt wurde: Vertrauen lässt sich im Rahmen eines sozialen Tausch-Modells erklären (Coleman 1994:34): Vertrauen kommt dabei als das Übertragen von Kontrollrechten in allen, vor allem aber in riskanten Situationen zum tragen, in denen das Wissen über das Handeln des Gegenübers aufgrund der Ungleichzeitigkeit nicht vorhanden ist - und darüber hinaus die Gegenleistung erst nach Übermittlung des eigenen Anteils erbracht wird. Die soziale (ästhetische, ethische, symbolische) Macht der Medien (Zeichensysteme) liegt diesem Konzept folgend in ihrem Status als Experten und als privilegierte Systeme des gesellschaftlichen Vertrauens.


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