Thomas A. Bauer, Marko Ivanisin, Bernd Mikuszeit (Hrsg.) Evaluierung von Bildungsmedien und Multimedia Kriterien und Weiterbildungsangebote Internetpublikation zum Projekt




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Sana26.06.2021
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Die Missbrauchswelle

Die unterschätzte Wirkung der in den Medien als „Homohostie-Affäre“ bezeichneten Angelegenheit bildete den Nährboden für zwei neue Medienereignisse. Unmittelbar nach der Hostie-Affäre und noch während der Kirchenliederaffäre erreichte der internationale Zorn über Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche die Niederlande. Damit droht dem katholischen Leben inzwischen der Entfall seines Glanzes. Religionsgegnern, insbesondere Gegnern des Katholizismus, werden damit faktisch die „Bälle zugespielt“. Noch am 21. Februar 2010 und in den Tagen zuvor berichteten die niederländischen Zeitungen ausführlich über die „Strafgespräche“ der 24 irischen Bischöfe, die Papst Benedikt XVI. anlässlich des Missbrauchs Jugendlicher in Irland zu sich gerufen hatte. Großformatige Farbfotos von kirchlichen Würdenträgern wurden abgedrückt und sollten den Eindruck einer wieder heilen Welt vermitteln. ‚Der Himmel hatte sich jedoch nur für eine äußerst kurze Zeit aufgeklärt’; denn seit Ende Januar gab es wieder neue Missbrauchsnachrichten von Jugendlichen – in Deutschland und in Österreich. Einige Tage nach dem Treffen der irischen Bischöfe in Rom war in den Niederlanden helle Aufregung. Es kamen die Missbrauchsaffären der fünfziger, sechziger und siebziger Jahre in von Orden und Kongregationen geführten katholischen niederländischen Internaten durch eine gezielte Aktion im Medienbereich ans Licht. Nach intensiver Vorarbeit eines Journalistenduos der Qualitätszeitung „NRC Handelsblad“ und des niederländischen Weltrundfunks (Radio Nederland Wereldomroep, RNW) begannen beide Medien am 26. Februar 2010 mit der Veröffentlichung einer Serie von Zeitungsartikeln und Rundfunkbeiträgen, die nicht ohne Wirkung blieb; denn sie lösten in den anderen Medien eine Kettenreaktion aus. „NRC Handelsblad“ eröffnete seine Ausgabe mit einem groβ auf der Vorderseite und über die volle Breite gebrachten Aufsatz und Fortsetzung auf Seite 3. Durch die Zusammenarbeit mit dem Weltrundfunk RNW kamen die Reaktionen nicht nur aus dem Leserkreis der Zeitung, sondern aus der ganzen Welt. Von Anfang an wurden die Verantwortlichen der Bistümer, Orden und Kongregationen dazu gedrängt, vollständigen Aufschluss über die Tatbestände zu geben. Von den Opfern, die sich bei der Zeitungsredaktion oder bei dem Weltrundfunk RNW meldeten, waren viele bereit, anonym oder mit Angabe ihrer Namen zu berichten, was ihnen passiert war und was sie erlebt hatten. Andere Zeitungen folgten diesem Vorgehen – auch, um human touch stories veröffentlichen zu können. Durch diese Zeugnisse wurde offenkundig, dass es sich nicht nur um Missbrauchsfälle handelte, sondern auch um psychische Gewalt, vorgenommen durch die namentlich erwähnten Erzieher. Auch wurden, wie sich herausstellte als Strafmaßnahme Internatskinder und -jugendliche geschlagen. Fotos der inzwischen für ganz andere Zwecke genutzten Gebäude wurden als lieux de mémoire abgedruckt. Eine im Verhältnis zu der massiven negativen Berichterstattung sowie zu den vielen schlechten Erfahrungen schwache Gegenbewegung und entsprechende Gegendarstellungen zeigten – jedoch erst nach Tagen – die Leserbriefrubriken. Dabei betonten mancher Leser und manche Leserin, wie hervorragend die Ausbildung in seinem oder ihrem Fall gewesen war. So weit die Fakten, bevor am Ende dieses Beitrags ein Versuch zu einer Schlussfolgerung – auch in Bezug zu den hier erwähnten Affären - unternommen wird.

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